Der Landesparteitag möge beschließen: Die Bürgerschaftsfraktion wird aufgefordert, den Senat einen Prüfauftrag zu erteilen, der das derzeitige System der Notenvergabe und Leistungsbewertung untersucht und Möglichkeiten zur Reformierung vorstellt.
Unser Bildungssystem stützt sich in großem Umfang auf Noten und Ziffernzeugnisse als Form der Leistungsbewertung. Die Wirksamkeit und Vergleichbarkeit von Noten sind umstritten. Die Diskussion ist nicht neu und bereits heute lernen Schüler*innen erfolgreich mit alternativen Leistungsbeurteilungen z.B. an der Max-Brauer-Schule in Altona. Expert*innen führen unterschiedliche Argumente an, warum die Leistungsbewertung an Schulen zu reformieren sei:
Individuellen Lernzuwachs vergleichen – Eine Lerngruppe ist eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe von Schüler*innen die im gleichen Alter sind und am gleichen Wohnort zur Schule gehen. In der persönlichen Entwicklung sind sie aber ganz unterschiedlich und diese verläuft viel individueller. Daher ist eine Form der Vergleichbarkeit mit Noten in der Lerngruppe nicht machbar. Die Bewertung für eine erbrachte Leistung kann bei einem anderen Lehrer, in einer anderen Lerngruppe oder an einer anderen Schule zu ganz anderen Noten führen. Noten machen das Falsche vergleichbar.
Interesse und Neugierde der Kinder fördern – Kinder wollen Lernen und sind von Natur aus neugierig. Mit Eintritt in die Schule erleben sie die steige Bewertung und Beurteilung ihres Lernens. Noten machen die natürliche Lernmotivation der Kinder kaputt. Das Lernen dreht sich dann ausschließlich um das Erreichen guter Noten, nicht aber mehr um ein Interesse am Lerninhalt. Studien zeigen, dass schlechte Noten zu Stress und Demotivation führen.
Individuelle Lernprozesse begleiten – Schriftliche Arbeiten zu einem Thema sind Momentaufnahmen. Ausgehend von der Annahme, dass alle Menschen unterschiedlich schnell und gut lernen, bedeutet dies: Zu dem Zeitpunkt der Arbeit ist das eine Kind schon seit Wochen „fertig“ und könnte schon längst beim nächsten Thema sein, das andere bräuchte vielleicht noch drei Wochen, um den Inhalt zu verstehen. Die Arbeit beendet aber das Thema und damit auch das Lernen der Schüler*innen. Individuelle Lernprozesse brauchen andere Formate der Lernstandserhebung.
Noten geben daher nur einen begrenzten Einblick in die tatsächlichen Fähigkeiten und die Lernentwicklung eines Kindes. Wir müssen uns die Frage stellen, ob unser aktuelles Notenvergabesystem immer noch den Anforderungen der modernen Gesellschaft entspricht. Schon jetzt wird aus der Wirtschaft die Forderung laut, dass sich die Leistungsbeurteilung viel mehr auch an Kompetenzen orientieren soll. Viel zu oft können Unternehmen mit den Ziffernzeugnissen nicht viel anfangen.
Der Prüfauftrag soll folgende Punkte berücksichtigen:
- Untersuchung der Auswirkungen des aktuellen der Notenvergabe und Leistungsbewertung auf die Lernmotivation und das Wohlbefinden der Schüler*innen.
- Untersuchung von alternativen Formen der Leistungsbewertung an Schulen bei der die Rückmeldung ohne Noten gelingt und die individuellen Lernentwicklung im Fokus steht.
- Bewertung der Machbarkeit und der potenziellen Vorteile und Nachteile von Alternativen im Vergleich zum aktuellen System.
- Erstellung eines Konzepts zur schrittweisen Implementierung einer ausgewählten Methode zur Leistungsbeurteilung, sollte eine Alternative als vorzuziehend erachtet werden.
Der Antrag soll sicherstellen, dass unser Bildungssystem den Bedürfnissen unserer Schüler*innen gerecht wird und sie bestmöglich auf die Anforderungen des 21. Jahrhunderts vorbereitet.
Der Landesparteitag möge beschließen: Die Bürgerschaftsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, das laufende und zukünftig ausgeweitete Programm „Alleskönner“ in Bezug auf die Notenvergabe und Leistungsbewertung zu untersuchen und zu evaluieren und daraus Möglichkeiten zur Reformierung und Weiterentwicklung der Notenvergabe und Leistungsbewertung über das Programm „Alleskönner“ hinaus abzuleiten.