Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge beschließen:
Die SPD-Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft und die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden dazu aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass
I. die Vorgaben für den Sexualkundeunterricht dergestalt angepasst werden, dass ein einheitlich hoher Standard an allen Hamburger Schulen sichergestellt ist. Die Einführungsthemen, welche in der 4. Klasse im Unterricht thematisiert werden, beinhalten die Vermittlung des Wissens über die Entstehung des Kindes im Mutterleib sowie eine Aufklärung zur Frage “Was ist Sex?”, auch in Hinblick auf Homo-, Bi-, Trans- und Intersexualität. In der 6. Klasse bezieht sich der Unterricht auf die Thematiken Verhütungsmittel als auch die Unterschiede zwischen einvernehmlichen und nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen. Ebenfalls sollen in der 8. Klasse die Themenbereiche Verhütung, die Unterschiede zwischen einvernehmlichen und nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen und sexuell übertragbare Krankheiten in der Schule vermittelt werden. In der 10. Klasse wird Wissen über die Einführung der Genetik, Verhütung, sexuell übertragbare Krankheiten und den Verlauf einer Schwangerschaft komplementiert. Die behandelten Themenkomplexe werden anhand eines entsprechenden Zertifikats dokumentiert. Sollten Schüler:innen aus persönlichen Gründen nicht teilnehmen können, haben sie einen Anspruch darauf, dies in einer Parallelklasse nachzuholen. Sie sind durch die Lehrkraft auf diese Möglichkeit anzusprechen.
II. darauf hingewirkt wird, dass alle Schüler:innen – zu einem geeigneten Zeitpunkt – die Möglichkeit erhalten, im Rahmen einer Klassenexkursion einen/eine Frauenärzt:in zu besuchen, um einen Einblick in die gynäkologische Betreuung zu erhalten.
III. ein Runder Tisch, bestehend aus Vertreter:innen des örtlichen Berufsverbands der Frauenärzt:innen, der Behörde für Schule und Berufsbildung, der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration, sowie Träger:innen von queeren Verbänden jungen Menschen aus der relevanten Altersgruppe, zur Beratung über Maßnahmen zur Verbesserung der Aufklärung über Methoden zur Verhütung von Empfängnis und Sexualkrankheiten eingerichtet wird.
IV. die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration eine auf Dauer angelegte, zielgruppengerechte Aufklärungskampagne – vor allem in den sozialen Medien – unter Zuhilfenahme einer externen Marketingagentur entwickelt und umsetzt. Der unter III. genannte Runde Tisch ist in die Entwicklung der Kampagne beratend mit einzubinden.
Rund zwei Drittel der Jugendlichen haben vor Ihrem 18. Geburtstag das erste Mal Sex. Zwar scheint der Anteil der Jugendlichen, die mit 14 Jahren schon Sex hatten, leicht rückgängig zu sein und liegt bei drei bis vier Prozent, jedoch steigt dieser Anteil in den folgenden Lebensjah-ren drastisch. Dies zeigt die 2021 veröffentlichte repräsentative Befragung “Jugendsexualität” der BzGA (https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-021-03426-6#Sec7).
Ebenso zeigt die Befragung, dass circa die Hälfte der Befragten schon länger mit dem ersten Mal gerechnet haben, jedoch rund ein Fünftel gar nicht damit gerechnet haben und circa 30 Prozent nur wussten, dass es “an diesem Tag” passieren würde.
Sex und das Ausleben der Sexualität sind heutzutage normaler Bestandteil des Erwachsen-werdens. Gut ist dabei auch, dass die meisten den ersten Koitus als “etwas Schönes” emp-finden. Für die allermeisten bleibt der Sex aber nur etwas Schönes, wenn dieser empfängnis-frei bleibt. Lediglich ein Prozent der Jugendlichen gab in der Befragung “Jugendsexualität” an, dass die Schwangerschaft “erfreulich” wäre. Rund elf Prozent der Jungen und fünf Prozent der Mädchen gaben dennoch an, für die Verhütung nichts unternommen zu haben. In beiden Geschlechtergruppen zusammen 9%. In 38 Prozent der Fälle war hierfür die Begründung, dass man dachte “es würde nix passieren”, in 56 Prozent kam der Sex “zu spontan”. Beim zweiten Geschlechtsverkehr ist die Anzahl derer, die nicht verhüten immer noch bei fünf Pro-zent.
Dass der Anteil der Jungen, die nichts für die Verhütung tun, größer ist als der der Mädchen, spricht dafür, dass hier Verhütung beim ersten Sex nicht als Rolle beider Partner:innen gesehen wird. Hier muss Aufklärung erfolgen, sodass Verhütung paritätisch erfolgt.
Die Annahme, der Sex ohne Verhütung sei risikofrei, spricht für ein Aufklärungsdefizit. Dem-entsprechend muss bis zum 14. Lebensjahr und damit im Schulsystem bis zur 8. Klasse eine vollumfängliche Aufklärung erfolgt sein, sodass der erste Sex gut aufgeklärt, sicher und schön sein kann.
Ein weiterer Punkt, der für ein Aufklärungsdefizit im Sexualkundeunterricht spricht, ist, dass die Aufklärung über Verhütungsmittel fast gleichermaßen über Schulunterricht (69 Prozent), Gespräche (68 Prozent) und das Internet (59 Prozent) erfolgt. Dies zeigt einerseits, dass auch im digitalen 21. Jahrhundert die Schule eine wichtige Informationsquelle für Heranwachsende ist und auch mit ihrem objektiven, dem Stand der Wissenschaft entsprechenden Inhalten sein muss. Doch andererseits zeigt dies, dass fast ein Drittel der Jugendlichen in der Schule entweder keine ausreichende oder eine im Verhältnis nicht informative Aufklärung erhält.
Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge beschließen:
Die SPD-Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft und die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden dazu aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass
I. darauf hingewirkt wird, dass alle Schüler:innen – zu einem geeigneten Zeitpunkt – die Möglichkeit erhalten, im Rahmen einer Klassenexkursion einen/eine Frauenärzt:in zu besuchen, um einen Einblick in die gynäkologische Betreuung zu erhalten.
Die SPD-Fraktion im Bundestag und der Bundesgesundheitsminister werden dazu aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass
II. ein Runder Tisch,
bestehend aus Vertreter:innen des Berufsverbands der Frauenärzt:innen, dem Bundesgesundheitsministerium sowie jungen Menschen aus der relevanten Altersgruppe, zur Beratung über Maßnahmen zur Verbesserung der Aufklärung über Methoden zur Verhütung von Empfängnis und Sexualkrankheiten eingerichtet wird.
III. Das Bundesgesundheitsministerium eine auf Dauer angelegte, zielgruppengerechte Aufklärungskampagne – vor allem in den sozialen Medien – unter Zuhilfenahme einer externen Marketingagentur entwickelt und umsetzt. Der unter II. genannte Runde Tisch ist in die Entwicklung der Kampagne beratend mit einzubinden.