2024/II/Innen/5 Wir lassen uns nicht spalten!

Status:
Nicht Abgestimmt

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge zur Bearbeitung und anschließenden Weiterleitung an den Bundesparteitag beschließen:
Wir lehnen Symbolpolitik ab. Zur Prävention von Anschlägen und Angriffen durch psychisch labile und meistens online radikalisierte Attentäter*innen müssen wir uns um das Folgende bemühen:
1. Psychosoziale Beratungsangebote sowie die psychologische und psychotherapeutische Versorgung müssen bedarfsgerecht (stärker) finanziert werden.
2. Geflüchtete müssen unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status Zugang psychosozialen Angeboten haben. Geflüchtete, insbesondere aus Kriegsgebieten, müssen aktiv auf die Beratungs- und Hilfeangebote hingewiesen werden. Ein niedrigschwelliger Zugang ist ab dem Zeitpunkt der Zuweisung an ein Bundesland sicherzustellen.
3. Zivilgesellschaftliche Akteure, die Menschen in verschiedenen, schwierigen Lebenslagen unterstützen und/oder zur Stärkung von Gemeinschaften beitragen, sind zu stärken und bedarfsgerecht zu finanzieren. Dasselbe gilt für Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit und Straßensozialarbeit sowie für inklusive Bildungs- und Kulturprojekte.
4. De-Radikalisierungs- und Präventionsprogramme gegen Islamismus und Rechtsextremismus müssen stärker gefördert werden und langfristige Finanzierungszusagen erhalten. Aufklärungskampagnen zur Medienkompetenz sind einzuführen, um Menschen gegen extremistische Inhalte zu wappnen. Die schulische Medienkompetenzvermittlung ist entsprechend anzupassen.
5. Leistungskürzungen für Asylbewerber*innen und andere Maßnahmen, die soziale Ausgrenzung verstärken, lehnen wir ab. Inklusive Maßnahmen, die die Integration fördern und Parallelgesellschaften verhindern, sind auszubauen.
6. Ein generelles Verbot von „Angriffsmessern“ wie Springmesser begrüßen wir. Haushaltsübliche Messer sind allerdings ausschließlich an „gefährlichen Orten“ zu verbieten. Anwohnende sind auszunehmen. Auch an der städtischen Lebensrealität vorbeigehende Verbote der Mitnahme haushaltsüblicher Messer im öffentlichen Nahverkehr lehnen wir ab.
7. Der Schusswaffenbesitz ist stärker zu regulieren. Zur besseren Durchsetzung der bestehenden Regulierung soll eine zentrale Waffenbehörde geschaffen werden.
8. Die Überwachung und Zerschlagung rechtsextremer und islamistischer Netzwerke durch den Verfassungsschutz und Sicherheitsbehörden muss intensiviert werden. Es sind schärfere Sanktionen gegen Akteure und Plattformen zu verhängen, die aktiv Hass und Hetze verbreiten.
9. Vertreter*innen der sozialdemokratischen Partei sind zur sprachlichen Mäßigung und zum verantwortungsvollen Umgang mit ihrer Rolle gegenüber allen Menschen angehalten.

Begründung:

Mit einem Satz hat Friedrich Merz recht: Der überwiegende Teil der tödlichen Anschläge der letzten Jahre wurde durch Islamisten verübt. Das, was er für eine Lösung hält ist allerdings keine, sondern rassistische, spaltende Hetze.
Wir lehnen Symbolpolitik und Scheindebatten ab. Es liegt an uns, durch eine verantwortungsbewusste Politik und durch gezielte Maßnahmen zur Prävention und Integration die gesellschaftliche Spaltung zu überwinden. Anstatt die Diskussion nach rechts zu verschieben und den Diskurs extremistischen Kräften zu überlassen, müssen wir klare und fundierte Lösungen voranbringen, die das Vertrauen in unsere Gesellschaft und Demokratie stärken. Nur so verhindern wir, dass die AfD und andere rechte Akteure weiter von der Verunsicherung und Spaltung in der Gesellschaft profitieren.
Die Verantwortung politisch Handelnder in Debatten
Die politische Debatte in Deutschland wird zunehmend von populistischen und rechtsextremen Akteuren beeinflusst, die darauf abzielen, gesellschaftliche Spannungen zu verstärken und den Diskurs weiter nach rechts zu verschieben. Es ist die Verantwortung aller politisch Handelnden, dieser Entwicklung entgegenzutreten und klar zu machen, dass aus einer solchen Verschiebung nur die AfD und ähnliche Akteure profitieren. Wer in Symbolpolitik und populistische Scheinlösungen abdriftet, läuft Gefahr, den Diskurs derart zu prägen, dass rechtsextreme Positionen schleichend normalisiert werden.
Gefahr durch gesellschaftliche Spaltung und die Folgen von Symbolpolitik
Die Anschläge und Gewalttaten in Deutschland in den letzten Jahren, wie der OEZ-Anschlag in München, der rechtsextreme Terrorakt in Hanau, das Attentat in Solingen und der Messerangriff in Siegen, sind erschreckende Beispiele für die Auswirkungen von gesellschaftlicher Spaltung und Radikalisierung. Während die ersten drei Taten klar von extremistisch ideologisierten Täter*innen verübt wurden, zeigt der Messerangriff in Siegen, dass auch psychisch labile Personen zur Gefahr werden können. Insbesondere dann, wenn sie in einer Gesellschaft leben, die Spaltung und Feindseligkeit fördert.
Daher ist es unerlässlich, präventive Maßnahmen zu ergreifen, die sowohl die psychische Gesundheit stärken als auch Radikalisierung verhindern.
Symbolpolitik, wie das pauschale Verbot von Messern, lenkt von den eigentlichen Problemen ab und bietet keine nachhaltigen Lösungen. Stattdessen gilt es, die Ursachen von Gewalt und Radikalisierung anzupacken und die Gesellschaft insgesamt widerstandsfähiger gegen Extremismus und Spaltung zu machen.
Stärkung psychosozialer Angebote und Unterstützung für Geflüchtete
Um die Verbreitung von Gewalt durch psychisch labile und radikalisierte Personen zu verhindern, ist eine umfassende psychosoziale Betreuung von zentraler Bedeutung. Psychologische und psychotherapeutische Versorgung muss bedarfsgerecht finanziert werden (Forderung 1), um sicherzustellen, dass Menschen in schwierigen Lebenslagen frühzeitig Hilfe erhalten und nicht in Extremismus oder Gewalt abrutschen.
Besonders Geflüchtete, die oft durch Krieg, Verfolgung und Vertreibung traumatisiert sind, müssen unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status Zugang zu solchen Angeboten haben (Forderung 2). Die aktive Information über Beratungs- und Hilfsangebote sowie ein niedrigschwelliger Zugang sind entscheidend, um diesen Menschen eine echte Perspektive zu geben und ihrer potenziellen Radikalisierung vorzubeugen.
Unterstützung zivilgesellschaftlicher Akteure und Stärkung der Gemeinschaft
Zivilgesellschaftliche Akteure spielen eine Schlüsselrolle in der Prävention von Gewalt und Radikalisierung. Organisationen, die in der offenen Kinder- und Jugendarbeit oder in der Straßensozialarbeit tätig sind, leisten wertvolle Arbeit zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und müssen daher stärker gefördert und finanziert werden (Forderung 3). Diese Angebote bieten Jugendlichen und jungen Erwachsenen Alternativen zur Radikalisierung und schaffen Räume der Begegnung und des Austauschs, die Vorurteilen und Hass entgegenwirken.
Langfristige Förderung von De-Radikalisierungs- und Präventionsprogrammen
Darüber hinaus sind De-Radikalisierungs- und Präventionsprogramme gegen Islamismus und Rechtsextremismus dringend erforderlich und müssen langfristige Finanzierungszusagen erhalten (Forderung 4). Diese Programme helfen, extremistische Ideologien zu bekämpfen und Menschen aus extremistischen Szenen herauszuführen. Eine stabile und kontinuierliche Finanzierung ermöglicht es diesen Initiativen, nachhaltig zu arbeiten und langfristige Erfolge zu erzielen.
Verhältnismäßigkeit in der Gesetzgebung: Keine Symbolpolitik beim Messerverbot
Das Beispiel des Messerangriffs in Siegen zeigt, dass die Radikalisierung nicht immer die Ursache für solche Taten ist. Deshalb ist es wichtig, nicht in eine Symbolpolitik zu verfallen, die wenig mit der Realität zu tun hat. Ein pauschales Verbot haushaltsüblicher Messer im öffentlichen Nahverkehr ist realitätsfremd und kriminalisiert Menschen unnötig. Gerade die Lebensrealität in Städten geht damit einher, immer wieder auch Messer über 5cm Klingenlänge mit sich zu führen – sei es, weil sie gerade erworben wurden oder weil sie für ein gemeinsames Picknick benötigt werden. Stattdessen sollten nur gezielte Verbote an tatsächlich gefährlichen Orten ausgesprochen werden, ohne allerdings die Anwohnenden pauschal einzubeziehen (Forderung 5).
Strengere Regulierung des Schusswaffenbesitzes zur Erhöhung der Sicherheit
Eine stärkere Regulierung des Schusswaffenbesitzes ist eine notwendige Maßnahme, um die Gefahr tödlicher Anschläge zu minimieren. Die Schaffung einer zentralen Waffenbehörde könnte helfen, die bestehenden Regelungen effektiver durchzusetzen und den Zugang zu Waffen besser zu kontrollieren (Forderung 6). Hier geht es nicht um Symbolpolitik, sondern um konkrete Schritte, um die Sicherheit aller Bürger*innen zu erhöhen.

Überweisungs-PDF: