2023/II/Wi/Steu/2 Streitwertbegrenzung bei Unterlassungsklagen

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge zur Weiterleitung an den SPD-Bundesparteitag beschließen:

Die Bundestagsfraktion soll sich in geeigneter Weise dafür einzusetzen, dass eine Streitwertbegrenzung bei Unterlassungsklagen zugunsten der Verbraucherzentralen eingeführt wird, indem eine Anpassung des § 12 Abs. 3 UWG erfolgt.

Begründung:

Die Verbraucherzentralen in Deutschland sind die mitunter wichtigsten Anlauf- und Beratungsstellen für Verbraucher*innen in Deutschland und tragen elementar dazu bei, dass der Verbraucher*innenschutz erweitert und gestärkt und die Rechte der Verbraucher*innen gegenüber großen Konzernen gesichert werden. Doch derzeit wird den Verbraucherzentralen diese wichtige Arbeit erheblich erschwert – und ein effektiver Verbraucherinnenschutz dadurch behindert.

Insbesondere im Verhältnis von Verbraucher*innen zu großen Konzernen kann es zu erheblichen Machtgefällen kommen, welche die Verbraucherzentralen durch Aufklärung, Beratung und schlussendlich gerichtliche Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen schmälern sollen.

Vor Gericht vertreten die Verbraucherzentralen Verbraucher*innen dabei im Rahmen eines kollektiven Rechtsschutzes – und müssen die Prozesskostenrisiken selbst tragen. Das Prozesskostenrisiko bemisst sich anhand des Streitwerts. Doch gerade beim kollektiven Rechtsschutz können die Streitwerte sehr hoch sein, sodass die Prozesskostenrisiken die Verbraucherzentralen finanziell zu überlasten drohen.

Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH wird der Wert jeder einzelnen angegriffenen Teilklausel in Verfahren nach dem UKlaG mit 2.500€ angesetzt. Durch die Neufassung des § 12 Abs. 3 und 4 UWG scheint jedoch eine Änderung der Rechtsprechung der Untergerichte einzutreten, welche inzwischen hohe Streitwerte ansetzen, sodass die Prozessführung durch die Verbraucherzentralen finanziell auf Dauer beinahe unmöglich gemacht wird. Damit wird riskiert, dass die Klageaktivität der Verbraucherzentralen zuungunsten der Verbraucher*innen reduziert wird.

Weiterhin besteht die Möglichkeit auf einen Antrag auf Streitwertbegünstigung. Allerdings werden diese Anträge jeweils von jedem Gericht unterschiedlich gehandhabt, sodass der Ausgang stets ungewiss ist. Gerade deshalb ist eine Anpassung der Regelungen hinsichtlich der Streitwertbegrenzung bei Unterlassungsklagen unerlässlich, da das Absinken der Klageaktivität schlussendlich zu einer Begünstigung rechtwidriger Praktiken durch größere Konzerne führen kann.

Eine Anpassung des § 12 Abs. 3 UWG kann dieses Problem lösen und die optimale Arbeit der Verbraucherzentrale ermöglichen.

Als mögliche Anpassung des § 12 Abs. 3 UWG kommt eine Neueinführung der Sätze 2 und 3 wie folgt in Betracht:

„(…) (3) 1 Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst.

2 (neu) Die erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lage wird bei Verbraucherzentralen sowie anderen Verbraucherverbänden, wenn sie überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, unwiderleglich vermutet.

3 (neu) In den Fällen des Abs. 3 Satz 2 hat das Gericht die in Abs. 3 Satz 1 genannte Anordnung zu treffen. Der angepasste Teil des Streitwertes ist in diesen Fällen auf 10.000 Euro begrenzt.

4 (ehemals 2) Die Anordnung hat zur Folge, dass (…)“

Diese Änderungen bauen zunächst die Chancengleichheit zwischen Verbraucherzentralen und Unternehmen aus. Auch entspricht die daraus folgende Wertung dem § 4 Abs. 2 Satz 2 UKlaG, wonach (öffentlich geförderte) Verbraucherzentralen als qualifizierte Einrichtungen anzusehen sind. Damit die Verbraucherzentralen ihrer besonderen Aufgabe als qualifizierte Einrichtung auch nachgehen können, muss die faktische Möglichkeit der Klageführung ohne ein erdrückendes finanzielles Risiko auch geschaffen werden.

Beschluss: Annahme in geänderter Fassung
Text des Beschlusses:

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge zur Weiterleitung an den SPD-Bundesparteitag beschließen:

Die Bundestagsfraktion soll sich in geeigneter Weise dafür einzusetzen, dass eine Streitwertbegrenzung bei Unterlassungsklagen zugunsten der Verbraucherzentralen eingeführt wird.

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: