2023/II/Wi/Steu/4 Neustart zur Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte erforderlich!

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge zur Weiterleitung an den Bundesparteitag der SPD beschließen:

Wir fordern den Bundestag und die Bundesregierung sowie das Europaparlament und die EU auf, endlich weitere Schritte zu unternehmen, damit es nicht immer wieder zu Krisen kommt, in denen gigantische Summen für die Bankenrettung ausgegeben werden müssen, während die Gewinne weiter privatisiert werden.

Begründung:

Fünfzehn Jahre nach Ausbruch der weltweiten Bankenkrise erleben wir erneut Bankenpleiten in den USA und in Europa. Der Zusammenbruch der Credit Suisse hätte ohne den UBS-Deal weitreichende Folgen für das internationale Finanzsystem haben können, sagt die Schweizer Nationalbank, die EZB warnt vor Billionenrisiken bei Gewerbeimmobilienfonds. Auch wenn die derzeitige Krise nicht mit der von 2008 zu vergleichen ist, wächst die Besorgnis, dass Regierungen wieder mit enormen Summen eingreifen müssen, um die volkswirtschaftlichen Auswirkungen fehlgeschlagener Spekulationen einzugrenzen.

Obwohl in der Folge der Finanzkrise nach 2008 in der EU eine Reihe von Maßnahmen ergriffen wurde, um die Stabilität des Bankensektors zu erhöhen, ist ein wirksamer Regimewechsel auf den internationalen Finanzmärkten nicht erreicht worden. Zu viele Regulierungsvorhaben unterblieben ganz oder wurden stark verwässert

  1. Es muss ein Übergang vom derzeitigen Universalbankensystem zu einem Trennbankensystem erreicht werden. Das bedeutet, dass die klassischen Aufgaben von Banken wie der Ausgleich von Sparen und Investieren sowie die Organisation des Zahlungsverkehrs in den Diensten der Realwirtschaft stärker vom Investmentbanking abgeschirmt werden. Die originären Funktionen des Bankwesens gehören zur Daseinsvorsorge und müssen entsprechend reglementiert werden. Risikobehaftetes, teils spekulatives Investmentbanking muss davon abgetrennt und privat organisiert werden – mit dem Risiko des Totalverlustes.
  2. Die Banken müssen wesentlich mehr Eigenkapital zurücklegen, d.h. wirksamere Sicherheitspuffer schaffen, damit sie die Haftung für Fehlverhalten ggf. selbst tragen können. Zwar wird es nie ein absolut sicheres Bankensystem geben, aber die derzeitige Eigenkapitalausstattung der Banken ist trotz teilweiser Fortschritte unzureichend, weil es den Banken trotz „Basel III“ gelungen ist, ihre Verschuldungsquoten durch „Risikogewichtungen“ und komplexe Rechenmodelle schönzurechnen. Die Eigenkapitalquote im Verhältnis zur Bilanzsumme („Leverage Ratio”) liegt bei größeren Banken dadurch in der Regel bei nur fünf Prozent. Die deutschen Sparkassen wiesen bereits im Durchschnitt neun Prozent Eigenkapitalquote aus. Deshalb konnten sie jetzt die hohen Abschreibungen auf Staatsanleihen verkraften. Zu fordern ist deshalb auf mittlere Sicht eine Eigenkapitalquote von 15 %.
  3. Die Bonusregelungen für das Bankenmanagement müssen gesetzlich reformiert werden. Die Credit Suisse hat in den vergangenen zehn Jahren 3,2 Milliarden Franken Verlust gemacht, aber 32 Milliarden Franken Boni gezahlt. Es sollte gesetzlich geregelt werden, dass eine Bank einen Bonus erst am Ende der Laufzeit eines Geschäftes auszahlen darf und auch nur dann, wenn es mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen wurde. Zweite Voraussetzung sollte sein, dass Boni nur ausgezahlt werden dürfen, wenn die Bank das Geschäftsjahr mit einem Gewinn abgeschlossen hat, der höher als die Bonuszahlungen ist.
  4. Schattenbanken, d.h. Finanzfirmen abseits der traditionellen Banken, u.a. Hedge- und Geldmarktfonds, alternative Investmentfonds und spezielle Börsenhändler, kommen inzwischen für fast die Hälfte der weltweiten Finanzanlagen auf. Sie bieten Finanzierungsmöglichkeiten an, die traditionelle Banken nicht abdecken, unterliegen aber nicht einer staatlichen Finanzaufsicht wie die Banken. Der Rahmen für Schattenbanken muss grundlegend überarbeitet werden, weil die Schattenbanken ebenfalls Turbulenzen auf den Finanzmärkten auslösen oder verstärken. Notwendig sind eine starke Überwachung und erhöhte aufsichtliche Berichtspflichten; zudem muss sichergestellt werden, dass solche Finanzgesellschaften ebenfalls Sicherheitspuffer aufbauen, damit sie Krisensituationen besser überstehen.
  5. Es muss ein neuer Anlauf zur Einführung einer umfassenden europäischen Finanztransaktionssteuer unternommen werden. Jeder Verkauf an der Börse, ob von Aktien oder von komplexen Finanzprodukten, muss besteuert werden, damit eine Eindämmung spekulativer Praktiken erreicht wird, das weitere exorbitante Wachstum des Handelsvolumens auf den Finanzmärkten begrenzt wird und eine Beteiligung der Finanzmarktakteure an den Kosten der Krisen erfolgt.
Beschluss: Annahme
Text des Beschlusses:

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge zur Weiterleitung an den Bundesparteitag der SPD beschließen:

Wir fordern den Bundestag und die Bundesregierung sowie das Europaparlament und die EU auf, endlich weitere Schritte zu unternehmen, damit es nicht immer wieder zu Krisen kommt, in denen gigantische Summen für die Bankenrettung ausgegeben werden müssen, während die Gewinne weiter privatisiert werden.

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: