2022/II/Recht/3 Nach dem Familienrecht: Kindesunterhaltsberechtigte sollen immer Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben!

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge zur Weiterleitung an den Bundesparteitag beschließen:

Die SPD-Bundestagsfraktion möge sich dafür einsetzen: Der Begriff „alleinerziehend“ wird gesetzlich im Unterhaltsvorschussgesetz als „Elternteil, in dessen Obhut sich die Kinder befinden“ definiert. Dieser familienrechtliche Begriff aus § 1629 Absatz 2 Satz 2 BGB und dessen gerichtliche Auslegung sind zukünftig auch für den verwaltungsrechtlichen Anspruch aus dem Unterhaltsvorschussgesetz maßgeblich.

 

Begründung:

Die SPD hat für den Unterhaltsvorschuss gekämpft und diesen Kampf für die bessere Unterstützung Alleinerziehenden unter der Federführung von Manuela Schwesig durchgesetzt. Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschusses soll eine besondere Sozialleistung für Kinder und ihre alleinerziehenden Elternteile darstellen.

 Die Leistung soll Alleinerziehenden und ihren Kindern in Situationen helfen, in denen die Alleinerziehenden den Alltag, die Betreuung und die Erziehung ihrer Kinder weitgehend allein bewältigen und sich um die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche kümmern müssen.

Weiterer Zweck ist ein (teilweiser) Ausgleich für die Mehrfachbelastung des betreuenden Elternteils, der neben seiner eigenen Unterhaltsverpflichtung den ausbleibenden Barunterhalt des anderen Elternteils abzudecken hat, zumal die Betroffenen in aller Regel – auch durch die Familienrechtsreformen der letzten Jahre – zusätzlich für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen müssen.

Diese Absicht wird nicht vollständig durch das Unterhaltsvorschussgesetz und die dazugehörigen Richtlinien umgesetzt. Sowohl die Definition des Begriffs „alleinerziehend“ als auch die Berechnung der Aufenthalte schränkt die Ansprüche alleinerziehender Elternteile ein. In der Folge wird Alleinerziehenden, denen nach Familienrecht ein Unterhalt zusteht, nach dem Unterhaltsvorschussgesetz teilweise kein Unterhaltsvorschuss gewährt.

Ein Kind lebt § 1 I Nr. 2 UVG bei einem Elternteil, wenn es mit ihm eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft unterhalte, in der es auch betreut werde. In der Verwaltung wird der Begriff „alleinerziehend“ so ausgelegt, dass bei einer Betreuung durch den anderen Elternteil in Höhe von mehr als 30% keine Alleinerziehung vorliegt. Berechnet werden die Tage, an denen sich ein Kind bei dem jeweiligen Elternteil um 0.00 Uhr aufhalten.

Im Gegensatz dazu arbeitet das Familienrecht mit halben Tagen bei der Berechnung der Betreuungszeiten. Maßgeblich für einen Unterhaltsanspruch ist ein Schwerpunkt der Betreuung bei einem der Elternteile. Der Bundesgerichtshof hat früher eine Betreuungszeit von 2/3 zu einem Drittel als maßgeblich erachtet, folgt dieser Rechtsprechungslinie seit 2014 bereits nicht mehr, sondern fordert ein „eindeutig feststellbares, aber nicht notwendigerweise großes Übergewicht bei der tatsächlichen Fürsorge für das Kind“ (BGH, Beschluss vom 12.03.2014 XII ZB 234/13).

Als Begründung für pauschalierende und formalisierende Vorgaben im Verwaltungsrecht ist die bessere Durchführbarkeit des Gesetzes angeführt worden und eine Sicherstellung einer gleichmäßigen Rechtsanwendung. Mit dem Abweichen von den familienrechtlichen Definitionen ist teils das Gegenteil erreicht worden: Würden bestehende familienrechtliche Entscheidungen von der Verwaltung übernommen, bedürfte es einer eigenständigen Prüfung nicht. Das Verfahren würde für die Verwaltung erleichtert. Doch für die SPD ist die Besserstellung der Alleinerziehenden maßgeblich. Dieses Ziel ist durch nachträgliche Verwaltungserlasse teilweise konterkariert worden. Die derzeitige Handhabung des Unterhaltsvorschussgesetzes hat bereits zu Ablehnungen und Rückforderungen in Fällen geführt, in denen familienrechtlich ein gerichtlich festgestellter Unterhaltsanspruch bestand. Diese Handhabung widerspricht dem Gesetzeszweck, dem in der SPD Gewollten und bedarf daher der Korrektur. Eine einheitliche Auslegung führt zudem zu einer besseren Akzeptanz der rechtlichen Regelungen, da eine solche Handhabung als gerecht gilt.

 

 

Beschluss: Annahme
Text des Beschlusses:

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge zur Weiterleitung an den Bundesparteitag beschließen:

Die SPD-Bundestagsfraktion möge sich dafür einsetzen: Der Begriff „alleinerziehend“ wird gesetzlich im Unterhaltsvorschussgesetz als „Elternteil, in dessen Obhut sich die Kinder befinden“ definiert. Dieser familienrechtliche Begriff aus § 1629 Absatz 2 Satz 2 BGB und dessen gerichtliche Auslegung sind zukünftig auch für den verwaltungsrechtlichen Anspruch aus dem Unterhaltsvorschussgesetz maßgeblich.

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