Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge beschließen:
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass
- die Freie und Hansestadt Hamburg allen Bürger:innen, auf die kein PKW zugelassen ist und denen kein PKW zur privaten Nutzung überlassen wurde, auf Antrag monatlich ein Mobilitätsbudget mindestens in Höhe der Kosten eines HVV-Abonnements für ihre Altersklasse in den Ringen AB zur freien Verfügung stellt,
- zur zumindest teilweisen Finanzierung des Mobilitätsbudgets entweder die Parkraumbewirtschaftung der innerstädtischen Gebieten bedeutend ambitionierter betrieben wird und/oder die Nutzung der Straßen der Freien und Hansestadt Hamburg innerhalb des Ring 2 durch PKW nur noch gegen eine Gebühr (Innenstadtstraßennutzungsgebühr) zulässig ist, die sich anhand von Abmaßen, Gewicht und Schadstoffausstoß des Fahrzeugs bemisst und im Mittel mindestens den Kosten für eine entsprechende HVV-Fahrkarte für die Ringe AB entspricht, für soziale Härtefälle, wie etwa mobilitätseingeschränkte Personen, jedoch auch Null betragen kann,
- die Park-and-Ride-Gelegenheiten an Schnellbahnhaltestellen außerhalb des Innenstadtbereichs modernisiert, erweitert und für Inhaber:innen eines HVV-Tickets am Gültigkeitstag kostenfrei angeboten werden.
Dieses sozialverträgliche Maßnahmenpaket ermöglicht eine fairere Teilhabe an der Mobilität in unserer Stadt. Es belohnt sozial- und umweltverträgliches Verhalten und schafft Alternativen zum Gebrauch des eigenen PKWs von Tür zu Tür.
Mobilität ist ein Kostenpunkt in jedem privaten Haushalt dieser Stadt. Sich fortzubewegen, ist Gelingensbedingung für jegliche soziale Teilhabe. Es ist nicht optional, zur Arbeits- bzw. Ausbildungsstätte zu gelangen, medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen oder Ämter aufzusuchen.
Die Voraussetzungen zur Mobilitätsteilhabe sind derzeit ungerecht verteilt. Die Rahmenbedingungen bevorzugen die Minderheit (Statista zählt 813.800 in Hamburg zugelassene PKW. Bei 1.841.000 Einwohnenden beträgt damit die Haltequote ohne Mehrfachzulassungen 44,2 %) mit Fahrerlaubnis und eigenem PKW. Diese Mobilitätsform wird mit etwa 5000 € pro Jahr und Privatwagen subventioniert (Gössling, Kees, Litman: The lifetime cost of driving a car, Ecological Economics, Vol. 194, 107335), während sich der ÖPNV durch Ticketverkäufe refinanzieren muss.
Es ist nur fair, allen Bürger:innen dieser Stadt in gleichem Maße die eigene Mobilität zu ermöglichen. Das gelingt am besten durch eine direkte Vergütung für die richtige Sache: den Verzicht auf das eigene Auto. Das hält sowohl die Straßen frei als auch die Luft sauber und führt langfristig und nachhaltig zu einer Entlastung des öffentlichen Haushalts.
Die Bürger:innen sollen selbst frei wählen können, wie sie sich fortbewegen wollen. Von daher ist nicht nur ein Verkehrsträger des Umweltverbands, wie etwa der ÖPNV, individuell zu fördern. Stattdessen kann so jede:r für sich entscheiden, ein HVV-Abonnement abzuschließen, ein Fahrrad anzuschaffen, Car- bzw. Ridesharing-Angebote wahrzunehmen oder auch innenstadtnäher zu wohnen und so die täglich anfallenden Wege zu verkürzen.
Diese Maßnahme belohnt in einem ersten Schritt diejenigen, die bereits jetzt keinen eigenen PKW zur Verfügung haben. In einem zweiten Schritt animiert sie all diejenigen, die derzeit ein wenig genutztes Auto herumstehen haben, dieses abzuschaffen. Drittens steigen zuvor alltäglich Autofahrende wegen der Gesamtschau der Maßnahmen und der Attraktivität der Alternativen um.
Autofahren ist schon jetzt teuer. Die Kosten treffen jedoch nicht nur und nicht einmal hauptsächlich die Verursacher:innen. Es ist daher an der Zeit, großen europäischen Städten wie London, Oslo, Stockholm und Mailand zu folgen und gleichsam die entgeltfreie Nutzung der Straßeninfrastruktur durch PKW rechtsicher (Klinger, Landesrechtliche Kompetenzen für eine City-Maut zur Verminderung der Luftbelastung, Zeitschrift für Umweltrecht 2016, 591) zu beenden.
Der Transport eines einzelnen Menschen in einem tonnenschweren Fahrzeug ist die ineffizienteste Art der urbanen Mobilität. Der Trend geht dabei zu immer größeren, schwereren und leistungsstärkeren Wagen, die für die übrigen Verkehrsteilnehmer:innen besonders gefährlich sind und kommunale Infrastruktur und andere Ressourcen im Übermaß in Anspruch nehmen. Das Maßnahmenpaket kann dieser Entwicklung begegnen und zu einem vernünftigeren, gerechteren und nachhaltigeren Mobilitätsverhalten führen.
Gleichzeitig ist nicht zu verkennen, dass es Menschen gibt, die auf einen eigenen PKW angewiesen sind. Wer jetzt schon eine besondere Parkberechtigung aufgrund einer Mobilitätseinschränkung innehat, soll nicht zusätzlich belastet werden. Teurer müssen hingegen die (weit verbreiteten) Bequemlichkeitsfahrten werden.
Schließlich darf auch nicht vergessen werden, dass das HVV-Netz nicht überall in unserer Stadt eine gangbare Alternative zum eigenen Auto darstellt. Innerhalb des Ring 2 steht hingegen überall in kurzer Entfernung ein häufig abfahrendes Mobilitätsangebot zur Verfügung. Auch sind die Wege zumeist kurz genug, um sie mit dem Rad zu bestreiten.
Wer von weiter außerhalb in die Stadt hinein möchte, ist hingegen mitunter auf einen PKW angewiesen. Dieser muss indes nicht bis zum Zielort in der Innenstadt bewegt werden. Ein attraktives Angebot an bequemen, sichereren und für HVV-Kund:innen kostenlosen Park-and-Ride-Anlagen macht den Umstieg in den ÖPNV zur naheliegenden Option.
Die Verkehrspolitik und Stadtentwicklung sind lange genug ums Auto herum gedacht worden. Mit dieser Kombination aus Push- und Pull-Faktoren ist eine sozial gerechte und ökologisch vernünftige Mobilitätswende machbar. Ziel ist die inklusive und menschenfreundliche Stadt mit passenden Mobilitätsangeboten für alle.