2022/II/Verk/4 Mehr Sicherheit im Straßenverkehr: Fahrtauglichkeit ist kein lebenslanges Geschenk der Führerscheinprüfung!

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge zur Weiterleitung an den SPD-Bundesparteitag beschließen:

Forderung:

  1. Wir fordern eine verpflichtende Überprüfung der Fahrtauglichkeit aus Sehtest und Erste-Hilfe-Kurs, alle 15 Jahre ab Erlangen des Führerscheins einzuführen.
  2. Zusätzlich fordern wir, dass eine medizinische Überprüfung ab dem Alter von 65 Jahren alle 5 Jahre stattfindet. Diese Überprüfung soll nach dem Vorbild vieler anderer europäischer Staaten an besondere Anforderungen geknüpft werden, welche die Belastbarkeit, Orientierungsleistung, Reaktionsfähigkeit, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung überprüfen.
  3. Die Kosten des Sehtests und des Erste-Hilfe-Kurses sollten aufgrund der sozialen Verträglichkeit und der gesamtgesellschaftlichen gesundheitlichen Relevanz über die Krankenkassen abgerechnet werden. Damit wird gleichzeitig die Ersthilfefähigkeit der Bevölkerung gesteigert und die Sicherheit im Straßenverkehr gestärkt.

 

Begründung:

Zu 1.: Vor Erlangung des Führerscheins sind sowohl der Sehtest und der Erste-Hilfe-Kurs verpflichtend. Die Sehfähigkeit kann sich jedoch innerhalb weniger Jahre massiv verschlechtern. Somit ist es argumentativ nicht zu begründen, warum diese nur einmal im Autofahrleben überprüft wird, obwohl die Sehfähigkeit massiven Einfluss auf die Sicherheit im Straßenverkehr hat.

Der Umstand, dass der Erste-Hilfe-Kurs zwar für den Führerschein vorausgesetzt wird, aber dessen Inhalte innerhalb von ein paar Jahren fast gänzlich aus der Erinnerung verschwinden führt dazu, dass viele Deutsche sich im Ernstfall nicht zutrauen, Erste-Hilfe leisten zu können. Laut einer Umfrage des ADAC liegt diese Zahl aktuell nur bei 52% der Befragten in Deutschland (https://www.adac.de/verkehr/verkehrssicherheit/verkehrsmedizin/umfrage-erste-hilfe-kurs/). Auch die Wissenslücken zur richtigen Anwendung der Maßnahmen sind enorm. Dies stellt über den Straßenverkehr hinaus eine Gefahr für Leib und Leben jedes Einzelnen dar.

Der Zeitraum alle 15 Jahre ist aus praktischen Gründen geboten, da nach dieser Zeit nach EU-Recht ein neuer Führerschein bei der Straßenverkehrsbehörde beantragt werden muss und die erneute Ausstellung so an die oben genannten Voraussetzungen geknüpft werden kann.

Zu 2.: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko einer Verschlechterung der allgemeinen Fahrtauglichkeit. Dennoch wird im Gegensatz zu Berufskraftfahrer:innen keine Fahrtauglichkeitsprüfung durchgeführt. Menschen ab 65 Jahren sind überproportional häufig in schwere Verkehrsunfälle verwickelt. So lag ihr Anteil an allen Verunglückten im Jahr 2020 bei 14,0 Prozent. Bei den Verkehrstoten waren es jedoch 32,9 Prozent. Damit gehörte jeder dritte Verkehrstote zu dieser Altersgruppe. Hierhin spiegelt sich zum einen die mit zunehmendem Alter nachlassende physische Widerstandskraft wider, zum anderen ist das höhere Sterberisiko durch die abnehmende gesundheitliche Fahrtauglichkeit bedingt.

Ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern (Auszugsweise: https://www.tz.de/auto/senioren-steuer-laender-europa-aelteren-fahrern-umgehen-zr-6385470.html) zeigt, dass Deutschland hier eine offene Flanke bei der Sicherheit des Straßenverkehrs hat.

Selbst der ADAC oder die DEKRA haben dies erkannt und bieten Überprüfungen der Fahrtauglichkeit für ältere Autofahrer:innen an. Diese sind allerdings kostenpflichtig.

Aus Praktikabilität und Kostenreduzierung bietet es sich an die Untersuchung im Rahmen des allgemeinen Gesundheits-Check-ups durchzuführen. Dieser ist schon jetzt, ab dem Alter von 35 Jahren alle 3 Jahre eine Kassenleistung. Damit würde zusätzlich dieser, im Alter ab 65 Jahren, eine Aufwertung erhalten und von mehr Menschen auch tatsächlich wahrgenommen werden. So würden Krankheiten frühzeitig bei Betroffenen entdeckt werden.

Zu 3.: Sehtests sind schon jetzt eine Kassenleistung. Der Mehraufwand der Überprüfung der Fahrtauglichkeit im Rahmen der Kassenleistung „Gesundheits-Check-up“ stellt eine niedrigschwellige Erweiterung ab dem Alter von 65 dar. Dies stellt keine finanzielle Überbelastung der Krankenkassen dar. Erste-Hilfe-Kurse sollten von den Krankenkassen verpflichtend alle 15 Jahre angeboten werden. In der Gesamtschau würden diese sogar, aufgrund der höheren Einsatzbereitschaft und Ausbildung innerhalb der Bevölkerung, Kosten durch eine bessere Erstversorgung einsparen. Insgesamt zeigt sich folglich, dass der Antrag keine Mehrbelastung für die Steuerzahler:innen darstellen würde, die Durchsetzung sogar Geld einsparen könnte und so keine sozialen Hürden bei Neubeantragung des Führerscheins entstehen.

Beschluss: Annahme in geänderter Fassung
Text des Beschlusses:

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge zur Weiterleitung an den SPD-Bundesparteitag beschließen:

  1. Die SPD-Bundestagsfraktion wird gebeten zu prüfen, ob und, wenn ja, wie für Fahrerlaubnisinhaber, erstmals 15 Jahre nach Erlangen der Fahrerlaubnis, regelmäßige Sehtests und eine regelmäßige Auffrischung des Erste-Hilfe-Kurses eingeführt werden sollte.
  2. Die SPD-Bundestagsfraktion wird gebeten, zu prüfen, ob Sehtests und Erste-Hilfe-Kurse als Beitrag zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge zu Kassenleistungen werden können.
Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: