Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge zur Weiterleitung an den Bundesparteitag der SPD und Punkt 2 an die SPD-Bundestagsfraktion beschließen:
1. Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg wird aufgefordert, einen sofortigen Abschiebestopp für Jesid*innen in den Irak zu verhängen und sich auf Bundesebene für einen langfristigen Schutz vor Abschiebungen aller in Deutschland lebenden Jesid*innen einzusetzen.
2. Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert
a. zu prüfen, ob die Frist, bis zu der Jesid*innen in Deutschland automatisch Schutz erhalten haben, bis zum 31.12.2024 verlängert werden kann und falls nicht, eine neue Stichtagsregelung zu schaffen, die einen ähnlichen Schutz gewährleistet.
b. zu prüfen, ob ein genereller bundesweiter Abschiebestopp über diese Frist hinaus möglich ist und wenn ja, ihn zeitnah im Bundestag zu beschließen.
Content Note/Inhaltswarnung: (Sexualisierte) Gewalt und Genozid
2014 tötete der sog. IS im Nordirak schätzungsweise 5.000-10.000 Jesid*innen. Tausende Frauen und Kinder wurden verschleppt, versklavt oder vergewaltigt. Zwischen 2014 und 2017 galten Jesid*innen als verfolgt und akut gefährdet. Dadurch hatten sie in Deutschland einen fast sicheren Anspruch auf Asyl. Seit 2017 gilt der IS im Nordirak als vertrieben. Doch sicher ist der Nordirak nicht. Zwar spielt die Terrormiliz in der Region keine große Rolle mehr, doch gibt es in der Region immer wieder bewaffnete Kämpfe um die Vorherrschaft zwischen unterschiedlichen Gruppen. Frieden gibt es im Nordirak nicht und wird es vermutlich auch nicht in näherer Zukunft geben. In diesem Umfeld besteht gerade für Jesid*innen, die im Irak kaum als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft akzeptiert werden, weiterhin Lebensgefahr. Die Abschiebung von Jesid*innen in den Irak ist unmittelbar auch die Abschiebung von Menschen in einen Staat, welcher ihnen keine Menschenrechte verspricht.
Zu Beginn des Jahres 2023 hatte die Bundesregierung den Völkermord an den Jesid*innen anerkannt, noch im Frühjahr Abschiebungen in den Irak als unzumutbar bezeichnet. Spätestens aus der Einstufung der Massaker an den Jesid*innen als Genozid ergibt sich daher ein humanitäres Bleiberecht.
Menschen, die erst Jahre nach dem Genozid, aber genauso aus einer humanitären Notlage heraus geflohen sind, bekommen in Deutschland keinen pauschalen Schutz mehr. Nun bestimmen Einzelfallentscheidungen von Gerichten, ob ein*e Jesid*in in den Irak abgeschoben wird oder nicht, da ein Lagebild des Auswärtigen Amtes in Teilen des Iraks nicht mehr von einer gruppenmäßigen Verfolgung der Jesid*innen ausgeht. Diese Einzelentscheidungen können und dürfen nicht der Weg sein! Jesid*innen, die von einer Abschiebung in den Irak betroffen sind, verlieren ihr Zuhause, ihre Peers, ihre Sicherheit und Menschenrechte.
400.000 Jesid*innen sind vor dem Genozid aus dem Irak und Syrien geflohen. Heute leben 100.000-200.000 Jesid*innen in Deutschland. Damit bietet Deutschland der größten jesidischen Diaspora eine neue Heimat.
Die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen und Thüringen haben auf Länderebene bereits Abschiebestopps beschlossen, in NRW gilt dieser speziell für Jesid*innen. Wir brauchen diesen Abschiebestopp bundesweit, nun muss aber auch Hamburg zügig vorangehen und Jesidisches Leben schützen!