2022/I/Ges/2 Gesamtgesellschaftlicher Umgang mit Einsamkeit

Status:
Nicht Abgestimmt

Der Landesparteitag der SPD-Hamburg möge beschließen:

  1. Die SPD Senatsmitglieder werden aufgefordert, eine umfassende Strategie zum gesellschaftlichen Umgang, zur Enttabuisierung und Bewältigung des Massenphänomens der Einsamkeit zu erarbeiten und dabei die Perspektiven aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und auch Handlungskonzepte im internationalen Vergleich heranzuführen.
  2. Im Rahmen von Curricula in der Aus- und Weiterbildung erwerben Fachkräfte (in der Pflege, in der therapeutischen Behandlung, Seelsorger:innen, Sozialpädagog:innen, Sozialarbeiter:innen, in unterschiedlichen Bereichen der öffentlichen und sozialen Daseinsvorsorge, uvm.) evidenzbasierte, fundierte Kompetenzen zur Bewältigung von Einsamkeit.
  3. Dabei wird flächendeckend ein Netz aus lokalen, niedrigschwelligen Beratungs- und Behandlungsangeboten geschaffen und auch digitale und telefonische Anlaufstellen, Selbsthilfegruppen, Seelsorge und weitere Angebote mit diesem Themenschwerpunkt ausgebaut.
Begründung:

Unterschiedlichen Studien und Meinungsumfragen zufolge fühlt sich jede/r sechste Bürger:in sehr oft, jede/r zweite Deutsche sogar mindestens manchmal einsam und alleine. Das Einsamkeitsgefühl wird maßgeblich von der Lebenssituation, Prägungen und Persönlichkeit beeinflusst und ist ein unabhängig vom Lebensalter wahrzunehmendes Phänomen. So vielfältig und individuell die Ursachen sind, ob persönliche Schicksalsschläge, der plötzliche Tod von/vom Partner:in und Familienmitgliedern, sprachliche Barrieren, Suchterkrankungen, mangelnde Zugehörigkeit und Teilhabe, Armut, Gewalt-, Diskriminierungs- und Mobbingerfahrungen, so unterschiedlich sind auch die Wirkungsweisen und Handlungsoptionen. Paradoxerweise verstärken die so bezeichneten „sozialen“ Medien mit algorithmusbasierten Anerkennungs- und Wertschätzungsmechanismen das Einsamkeitsgefühl.

Gerade die Corona-Pandemie hat die Situation der Betroffenen verschärft. Noch heute ist es ein Tabu-Thema, ist mit Angst und Scham verbunden und es fehlt den Betroffenen die Sprache und die Bezugsorte ihr Empfinden zu artikulieren.

Studien kommen zum Ergebnis, dass die Lebenserwartung von sich einsam fühlenden Menschen signifikant sinkt und sie leiden auch häufiger an psychischen Erkrankungen als der Durchschnitt Gleichaltriger. Das Dunkelfeld ist noch viel zu hoch, um Bedarfe für die Gesundheitsversorgung definieren zu können.

Auch hier können Konzepte und Überlegungen anderer Länder im europäischen und internationalen Vergleich bei der Strategieausarbeitung herangezogen werden: Großbritannien hat beispielsweise Anfang 2018 das Thema Einsamkeit erstmals in einem Ministerium verankert. Woanders gibt es Ministerien für „Happiness and Wellbeing“. Dies könnten Ansätze sein, um nachhaltige Konzepte und Strategien zur Bewältigung dieses Massenphänomens zu bearbeiten.

Überweisungs-PDF: