2022/II/Kul/4 Gegen das Vergessen – für eine lebendige Erinnerungskultur in der SPD und in Hamburg

Der Landesparteitag möge beschließen:

Die SPD Hamburg wird dafür Sorge tragen und auf den Senat und die Bürgerschaft einwirken, dass:

  • der Opfern der Nazigräueltaten würdig und angemessen gedacht wird und weitere Erinnerungsorte geschaffen werden, die die Naziverbrechen dokumentieren.
  • ein Handlungskonzept erstellt wird, welche Ziele bezüglich des Gedenkens und Erinnerns bis 2033 – dem 100. Jahrestag der Machtübernahme Hitlers – erreicht werden sollen. Dazu gehört insbesondere ein zentrales Dokumentationszentrum zu den Verbrechen von Polizei und Gestapo und ein Lern- und Geschichtsort KZ Fuhlsbüttel.
  • ein Konzept erstellt wird, im Hinblick auf junge Menschen und künftige Generationen, die keine Zeitzeug:innen mehr erleben dürfen und sich zeitlich immer mehr von den Geschehnissen der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte entfernen.
  • eine digitale Plattform geschaffen wird, die Informationen und Angebote zur NS-Geschichte von Gedenkorten bis zu Stolpersteinen bündelt und Hamburgs Bewohner:innen und Besucher:innen leicht zugänglich macht.
  • die Ausgestaltung der Erinnerungskultur und die Errichtung von Lern-, Gedenk- und Erinnerungsorten im Dialog mit den Opferverbänden erfolgt.
  • nach dem gescheiterten Konzept „Geschichtsort Stadthaus“ mit der Betreuung durch eine Buchhandlung eine breite gesellschaftliche Debatte dazu durchgeführt wird, wie an zentraler Stelle ein angemessener Lern- und Gedenkort zu den Verbrechen von Polizei und Gestapo aussehen soll.
  • Veranstaltungen zur Erinnerung an die Naziverbrechen verbindlich in die schulischen Hamburger Rahmenrichtlinien und in die Ausbildung öffentlich Bediensteter insbesondere bei der Polizei aufgenommen werden.
  • Schulen, Kitas, Plätze, Straßen und sonstige öffentliche Einrichtungen nach Verfolgten des NS-Regimes benannt werden.
  • in Zukunft keine Erinnerungsorte an Investoren verkauft und diese mit der Gestaltung der Erinnerungsorte beauftragt werden.

 

Begründung:

Die Erinnerungskultur ist heute in Hamburg fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens und des kulturellen Angebots auch für Hamburg Besucher:innen. Das bedeutet, dass die Erinnerungskultur weiterentwickelt werden muss, dass sie sich gestiegenen Anforderungen stellen muss und dass sie bestehende Lücken schließen muss.

Ziel muss es sein, bis 2033 – dem 100. Jahrestag der Machtübernahme Hitlers – Lern- und Gedenkorte in Hamburg einzurichten, die an die Opfer angemessen erinnern und die Gräueltaten der Nationalsozialisten umfassend dokumentieren. Bestehende Lücken sind zu schließen und vorhandene Angebote zu vernetzen.

Notwendig ist eine breite gesellschaftliche Diskussion unter Einbeziehung der Opferverbände über die zukünftige Ausgestaltung des Gedenkens bezüglich der NS-Zeit. Insbesondere zwei Bereiche sind dabei in den Fokus zu nehmen, die bisher noch keine befriedigende Lösung gefunden haben: a) Die Dokumentation der Verbrechen von Polizei und Gestapo an einem zentralen Ort und b) die Schaffung eines Lern- und Geschichtsortes auf dem früheren Gelände des KZ Fuhlsbüttel.

Das in den letzten Jahren mehrmals praktizierte Verfahren, die Schaffung von Gedenkorten an private Investoren zu delegieren, hat nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Dass private Investoren kein Interesse an Erinnerungskultur haben, hat sich besonders beim Stadthaus und bei der Gedenkstätte im Wandsetal auf dem ehemaligen Gelände des Dräger-Werks gezeigt.

 

 

Beschluss: Annahme in geänderter Fassung
Text des Beschlusses:

Der Landesparteitag möge beschließen:

Die SPD Hamburg wird dafür Sorge tragen und auf den Senat und die Bürgerschaft einwirken, dass:

  • der Opfer der Nazigräueltaten weiterhin würdig und angemessen gedacht wird und weitere Erinnerungsorte geschaffen werden, die die Naziverbrechen dokumentieren.
  • das erinnerungspolitische Konzept der Stadt um die Ziele bezüglich des Gedenkens und Erinnerns bis 2033 – dem 100. Jahrestag der Machtübernahme Hitlers – ergänzt wird.
  • das erinnerungspolitische Konzept der Stadt noch stärker junge Menschen und künftige Generationen in den Blick nimmt, die keine Zeitzeug:innen mehr erleben dürfen und sich zeitlich immer mehr von den Geschehnissen der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte entfernen.
  • eine Ergänzung der bestehenden digitalen Informationen und Angebote zur NS-Geschichte um Funktionen zeitnah geprüft wird, die eine einfache regionale bzw. lokale Auffindbarkeit von Gedenkorten bis hin zu Stolpersteinen ermöglichen.
  • die Ausgestaltung der Erinnerungskultur und die Errichtung von Lern-, Gedenk- und Erinnerungsorten auch am Hannoverschen Bahnhof, in der JVA Fuhlsbüttel, in der Schule am Bullenhuser Damm, sowie im Lagerhaus G am Dessauer Ufer im Dialog mit den Opferverbänden und Angehörigen erfolgt.
  • die Neugestaltung des Erinnerungsortes Stadthausbrücke, nach dem gescheiterten Konzept der privaten Betreuung, als zentraler Gedenkort zu den Verbrechen von Polizei und Gestapo durch Impulse von Opferverbänden und zivilgesellschaftlichen Gruppen begleitet wird.
  • bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode geprüft wird, inwiefern Veranstaltungen zur Erinnerung an die Naziverbrechen verbindlich in die schulischen Hamburger Rahmenrichtlinien und in die Ausbildung öffentlich Bediensteter, insbesondere bei der Polizei, aufgenommen werden können.
  • weiterhin Schulen, Kitas, Plätze, Straßen und öffentliche Einrichtungen nach Verfolgten des NS-Regimes benannt werden.
  • in Zukunft keine Erinnerungsorte an Investoren verkauft und diese mit der Gestaltung der Erinnerungsorte beauftragt werden.
Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: