Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge beschließen:
- Die Hamburgische Bürgerschaft soll sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einsetzen, dass auf Bundesebene ein Reparaturindex eingeführt wird, der Verbraucher*innen hinreichende Informationen über die Reparierfähigkeit eines Produktes bereitstellt und die Reparierfähigkeit anhand eines farbigen Scores auf dem Produkt abbildet und
- diesen Score anhand festgelegter behördlicher Kriterien zu bemessen.
Bei einem Neukauf von Produkten sind Verbraucher*innen auf die von den Hersteller*innen zur Verfügung gestellten Informationen angewiesen. Diese ohne Fachkundigkeit zu durchdringen, stellt sich dabei oftmals als schwierig heraus. Häufig wird Verbraucher*innen die schlechte Reparierbarkeit ihres Produktes erst dann bewusst, wenn es kaputt ist.
Damit Verbraucher*innen jedoch bewusste und reflektierte Entscheidungen treffen können, muss der Zugang zu diversen Informationen ermöglicht werden. So dienen nicht nur Preis oder Reputation einer Marke als Indizien für ein hochwertiges, langlebiges oder nachhaltiges Produkt, sondern gerade die konkreten Produktinformationen sind für eine fundierte Kaufentscheidung maßgeblich. Gerade heutzutage ist es für die Verbraucher*innen immer wichtiger, nachhaltige und ressourcenschonende Produkte erwerben zu können.
In diesem Zuge wurde auf europäischer Ebene ein „Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft“ erarbeitet, der nicht nur ressourcenschonendes Verhalten fördern, sondern insbesondere die Beteiligung der Verbraucher*innen an der Kreislaufwirtschaft ausweiten soll. Sowohl diese Beteiligung als auch die Stärkung der Verbraucher*innenrechte müssen zusammen gedacht werden, um der Autonomie der Verbraucher*innen bei der Ausgestaltung konkreter Maßnahmen und Kampagnen gerecht zu werden. Genau darauf zielt die Forderung nach mehr Transparenz hinsichtlich der Reparierbarkeit und Nachhaltigkeit der Produkte ab.
Transparenz erfordert jedoch neben der Bereitstellung von Informationen, auch die Möglichkeit, diese Informationen verarbeiten und interpretieren zu können. Um diese Nachvollziehbarkeit auch für nicht-fachkundige Personen auf schnelle und einfache Art zu generieren, müssen Informationen für alle direkt, übersichtlich und zusammengefasst zugänglich sein.
Als Vorbild hierfür kann der deutsche „Nutri-Score“ herangezogen werden, der die Nahrungsmittel im Hinblick auf ihre Nährwerte und Inhaltsstoffe auf einer Gesundheitsskala abbildet. Solche Scorings bieten Verbraucher*innen einen groben Überblick über die Sache selbst und die Zusammensetzung ihrer einzelnen Komponenten bzw. Inhaltsstoffe, die sich produktspezifisch an gewissen Kriterien orientieren. Der Score selbst wird auf der Verpackung abgebildet und gut sichtbar platziert.
Eine solche Art von Score würde sich gerade auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit und Reparierbarkeit eines als langlebig anzusehenden Produktes anbieten. Ein vergleichbares System könnte Verbraucher*innen dabei unterstützen, durch einen übersichtlichen Zugang zu mehr produktspezifischen Informationen eine auf den persönlichen Prämissen aufbauende, fundierte Entscheidung treffen zu können. Gerade die technische Komplexität von langlebigen Elektrogeräten und das unübersichtlich große Angebot unterschiedlicher Produkte erschwert die Kaufentscheidung der Verbraucher*innen. Nur selten können Verbraucher*innen gut reparierbare, ressourcenschonende Geräte ausschließlich aufgrund ihres Fachwissens erkennen. Gerade deshalb ist es wichtig, den Verbraucher*innen auch hier Hilfestellung zu leisten, damit sie Geräte, die unkompliziert repariert werden können, auch einfach erkennen. Durch diese Unterstützung in der Entscheidungsfindung wird im Übrigen nicht nur ressourcenschonendes Verhalten animiert, sondern auch gleichzeitig die Beteiligung der Verbraucher*innen an der Kreislaufwirtschaft ganz konkret ausgebaut.
Frankreich ist bereits den ersten Schritt gegangen und hat einen Index erschaffen, der die Reparierfähigkeit einer Kaufsache wiedergibt. Anhand dieses Reparatur-Indexes erfolgt die Berechnung eines Scores, der mit dem deutschen Nutri-Score verglichen werden kann.
Der Reparatur-Score besteht aus diversen Kriterien. Hierzu zählen unter anderem die Bereitstellung einer Anleitung bzw. Reparaturdokumentation für Verbraucher*innen oder unabhängige Werkstätten, sowie die garantierte Verfügbarkeit etwaig benötigter Ersatzteile über einen gewissen Zeitraum. Aber auch die Zahl der Arbeitsschritte, die erforderlich sind, um beispielsweise den Akku, das Display oder die Kamera auszutauschen, sind maßgeblich für die Berechnung des Scores.
Auch wenn der Score von den Hersteller*innen selbst berechnet wird, basiert diese Berechnung auf behördlichen Kriterien. Dabei werden Falschkennzeichnungen geahndet.
Zusammenwirkend würden diese Kriterien im Rahmen eines Reparatur-Scores auch in unserem Land dazu führen, dass Hersteller*innen dazu animiert werden, stets (preiswerte) Ersatzteile und kostenlose Reparaturanleitungen bereitzuhalten. Da die Reparierbarkeit von Produkten für Hersteller*innen bislang keinen eigenen Anreiz hatte, können auf diese Weise erstmals neue verbraucher*innen-freundliche Standards etabliert werden, die die Ressourcen konkret schonen und die Langlebigkeit der Produkte fördern.
Darüber hinaus würde ein Reparaturscore einen weiteren, entscheidenden Vorteil mit sich bringen: neben der Bereitstellung der Informationen, die die Kaufentscheidung beeinflussen, würde sich der Reparaturscore positiv auf den Reparaturpreis selbst auswirken. Denn wenn Reparaturdokumentationen und Ersatzteile kostengünstig zur Verfügung stehen, sinkt gleichzeitig auch der Preis für etwaige Reparaturen und dadurch wird die Neuanschaffung auch für Verbraucher*innen unattraktiver.
Die nationale Einführung eines solchen Scores auch in unserem Land ist daher erforderlich, um einerseits die Umsetzung des Aktionsplans Kreislaufwirtschaft auf europäischer Ebene zu fördern, sowie andererseits eine starke Position für Verbraucher*innen im Hinblick auf den Zugang zu Informationen zu schaffen. Nur so kann eine einfache und schnelle Einschätzung über die Reparierbarkeit von Elektrogeräten durch die Verbraucher*innen erfolgen und somit ihrem Schutz genüge getan werden.
Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge beschließen:
- Die Hamburgische Bürgerschaft soll sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einsetzen, dass auf Bundesebene ein Reparaturindex eingeführt wird, der Verbraucher*innen hinreichende Informationen über die Reparierfähigkeit eines Produktes bereitstellt und die Reparierfähigkeit anhand eines farbigen Scores auf dem Produkt abbildet und
- diesen Score anhand festgelegter behördlicher Kriterien zu bemessen.