2023/I/Bez/1 Bezirklichen Integrationsbeirat in Bergedorf einrichten

Status:
Nicht Abgestimmt

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge beschließen:

  1. Die Bürgerschaftsfraktion wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, die gesetzliche Grundlage zu schaffen, in allen Hamburger Bezirken analog zu den Seniorenbeiräten Integrationsbeiräte einzurichten und die dafür notwendigen finanziellen Ressourcen bereitzustellen.
  2. Die Bezirksfraktion wird aufgefordert, sich für die Einrichtung eines bezirklichen Integrationsbeirates einzusetzen. Dieser soll u.a. ein bezirkliches Integrationskonzept erarbeiten, das ein Bergedorfer Leitbild beinhaltet, die interkulturelle Öffnung im Bezirk forciert und Zielwerte für bezirklich relevante Themenbereiche formuliert:

a) Das bezirkliche Integrationskonzept soll unter breiter Beteiligung konzipiert werden. Zur Erarbeitung eines Integrationskonzepts und zur Überprüfung der Zielwerte soll auch ein bezirklicher Integrationsbeirat eingesetzt werden, der das Bezirksamt und die Bezirkspolitik in integrationspolitischen Fragestellungen berät.

b) Dabei ist sicherzustellen, dass Vertreter*innen der Bergedorfer Zivilgesellschaft, insbesondere auch Migrantische Selbstorganisationen (MSO) und Perspektiven von ehemals Migrierten/Geflüchteten unterschiedlicher Herkunftsländer, an der Entwicklung und Begleitung berücksichtigt werden. Die Teilnahme ist möglichst niedrigschwellig zu gestalten, z. B. durch Kinderbetreuung, adäquate Aufwandsentschädigung etc.

c) Der bezirkliche Integrationsbeirat ist analog zum Seniorenbeirat mit dem Landes-Integrationsbeirat zu verzahnen.

Begründung:

Ende 2021 haben über 710 500 Menschen mit Migrationshintergrund in Hamburg gelebt. Be­zogen auf die Gesamtbevölkerung sind das 37,4 Prozent aller Einwohnerinnen und Einwohner Das geht aus einer Sonderauswertung des Melderegisters hervor, die das Statistik­amt Nord regelmäßig durchführt. Bezogen auf den Bezirk Bergedorf ergab die Auswertung, dass hier 51.865 Menschen mit Migrationsgeschichte leben, das entspricht einem Bevölkerungsanteil im Bezirk von 39,7 %, der Anteil der unter 18-Jährigen mit Migrationshintergrund ist im Bezirk bei 55,3%.

Teilhabe als zentrales Anliegen der Sozialdemokratie

Diese Vielfalt der Menschen ist eine Bereicherung und bietet enorme Chancen für die Freie und Hansestadt Hamburg. Die Förderung der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in allen Bereichen des sozialen, ökonomischen, kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Lebens ist das zentrale Anliegen der Sozialdemokratie.

Es ist die Aufgabe von Staat und Politik, hierfür eine gute Grundlage zu schaffen. Das primäre Ziel ist stets, die Interessen der Menschen mit Migrationsgeschichte in institutionalisierter Form anzuhören und ihnen eine Partizipationsmöglichkeit zu bieten.

Hierfür gibt es bspw. lokale und überregionale Integrationsräte, Integrationsbeiräte oder gar Integrationsgipfel auf Bundesebene und unter weiteren Namen schon seit mehr als 40 Jahren. Dabei hat sich die Zusammensetzung der Akteur*innen genauso rapide verändert wie die Themen und Handlungsfelder. War es Integrationsräten und Integrationsbeiräten anfänglich nur gestattet, Themen zu bearbeiten, die Ausländer*innen betrafen, werden gegenwärtig wichtige gesellschaftliche Themen, wie bspw. Teilhabe, Partizipation und Antidiskriminierung behandelt.

Insofern kann eine nachhaltige Integrationspolitik nur von der Stärkung der Teilhabe aller Menschen (mit und ohne) Migrationsgeschichte ausgehen – so stellt dieses Verständnis auch die wichtige Grundlage für unser demokratisches Gemeinwesen dar.

Das Hamburger Integrationskonzept

Dieser Prämisse folgend ist auch im Hamburger Integrationskonzept eindrucksvoll dargelegt, welche Instrumente und Maßnahmen der Hamburger Senat entwickelt hat: Exemplarisch zu erwähnen sind die Handlungsfelder „Einbürgerung und politische Mitgestaltung“ und „Demokratie und Teilhabe stärken“. Erstmalig und wirkungsvoll hat sich auch erwiesen, konkrete Maßnahmen mit messbaren Zielwerten zu erarbeiten und diese regelmäßig zu monitoren. Diesem Beispiel folgend haben auch Bezirke Anläufe unternommen, um bezirkliche Strategien und Aktionsfeldern zu entwickeln (bspw. die Altonaer Deklaration und Diversitätsstrategie).

Der Landes-Integrationsbeirat und die Verzahnung mit den Bezirken

Ein weiterer Baustein des Hamburger Wegs zu einer teilhabeorientierten Integrationspolitik ist der Hamburger Integrationsbeirat und die Verankerung in den Bezirken. In der 22. Legislaturperiode wurde der Hamburger Integrationsbeirat erneut gestärkt, damit dieser unabhängiger und öffentlich wahrnehmbar agieren kann (Drucksache der Hamburgischen Bürgerschaft: 22/1120). Eine Zielvorgabe der Hamburgischen Bürgerschaft war auch die konkrete Verzahnung des Landes-Integrationsbeirats mit den bezirklichen Integrationsräten. So sollten die Bezirksversammlungen bereits unter Beteiligung der bezirklichen Integrationsbeiräte zwei Personen für den Landes-Integrationsbeirat entsenden.

Integrationsbeiräte in den Bezirken

Aus der (Drucksache der Hamburgischen Bürgerschaft 22/9732) wird noch einmal deutlich, dass bspw. auf Beschluss der Bezirksversammlung Wandsbek das Bezirksamt im Januar 2010 als erster Bezirk einen eigenen Integrationsbeirat eingerichtet hat. Im Bezirk Harburg gibt es seit 2015 einen Integrationsrat, der für den gesamten Bezirk arbeitet. Interessant ist hier, dass angegeben wird, dass ein bezirklicher Integrationsbeirat im Bezirk Bergedorf in Planung sei.

Schon vor zwölf Jahren hat sich die SPD  Bergedorf im Rahmen des zehnten Inländerstammtischs mit der Partizipationsform des Integrationsbeirates beschäftigt und dabei die Erkenntnis getroffen:

„Die Bergedorfer SPD wird nun als Konsequenz aus dieser Veranstaltung versuchen, deren Ergebnisse in den parlamentarischen Prozess in der Bezirksversammlung Bergedorf einzubringen und umzusetzen. Denn Integrationspolitik ernst zu nehmen, das bedeutet auch, auf die Migranten zu hören.“

Durch die komplexen und facettenreichen Frage- und Problemstellungen von Bergedorfer*innen mit Migrationsgeschichte stehen Bezirkspolitik und das Bezirksamt vor großen Herausforderungen, die durch einen bezirklichen Integrationsrat auf die Tagesordnung gebracht werden können. Das Gremium kann Brücken zwischen der hiesigen und der neu zugewanderten Bevölkerung bauen und den Dialog optimieren und intensivieren.

In Anbetracht der zitierten Drucksachen ist die Einsetzung unabdingbar, zumal sich eine gute Gelegenheit und der Nährboden dafür gegeben erscheint. Bereits in den vergangenen Jahren gab es einen zivilgesellschaftlich selbstorganisierten und -getragenen Integrationsrat, der aus Multiplikatoren und Vertretern von Trägern (IB, Völkerverständigung, Bille-Bergedorf Stiftung und weiteren Akteur*innen), der allerdings nicht institutionell verankert war. Diesen Strang gilt es nun wirkungsvoll aufzugreifen und die bisherigen Bemühungen weiterzuentwickeln. Die SPD-Bezirksfraktion hat hierfür bereits gute Vorstöße geübt, die sich bspw. in dem Auskunftsersuchen über die Integrationsinstrumente in Bergedorf zum Ausdruck kommen (vgl. Drucksache-Nr. 21-0952.01 der Bezirksversammlung Bergedorf).

Überweisungs-PDF: