2022/II/Umw/1 Abschaltung entbehrlicher Beleuchtung

Der SPD-Landesparteitag möge beschließen:

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion, sowie die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden dazu aufgefordert, den Betrieb nicht unmittelbar sicherheitsrelevanter Beleuchtung, außerhalb üblicher Nutzungszeiten, wie etwa Ladenöffnungszeiten, Bürozeiten, Betriebszeiten, etc., oder im Allgemeinen nächtlicher Ruhezeiten, zu untersagen. Dies betrifft insbesondere Gewerbe- und Industriegebäude, Tankstellen, Ladengeschäfte und andere Gewerbeeinheiten, öffentliche Gebäude, sowie Werbetafeln und -säulen, und Vergleichbares. Gebäude, die aufgrund von veralteter Technik dauerhaft hell beleuchtet werden müssen, sind zu modernisieren. Die Stadt Hamburg soll im Kampf gegen Energieverschwendung und Lichtverschmutzung eine Vorreiter:innenrolle einnehmen.

Begründung:

Es ist in Zeiten des Klimawandels von immenser Bedeutung, Energie zu sparen. Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit einhergehende, angestrebte Unabhängigkeit Deutschlands von russischem Gas wird diese Notwendigkeit umso größer. Dies wirft die Frage danach auf, wo es unnötige Verbraucher:innen im Stromnetz gibt, welche man unkompliziert und ohne größere Nachteile abschalten kann. Zusätzlich zum Aspekt der Energieeinsparung kommt der weitere, positive Nebeneffekt, dass die Lichtverschmutzung der Stadt unter Umständen erheblich verringert würde. Lichtverschmutzung ist ein hinlänglich erforschtes Problem, welches insbesondere auf die Biodiversität der Flora und Fauna schwere negative Folgen haben kann. Auch auf Menschen kann sich zu hohe Lichtbelastung gesundheitlich nachteilig auswirken. Zu „entbehrlicher Beleuchtung“ zählen wir insbesondere solche Beleuchtung nicht, die eine sicherheitsrelevante Funktion hat, wie etwa die von Straßen, Wegen, Unterführungen und Haltestellen, sowie Ampeln, oder etwa Aufenthaltsorten für Wohnungslose. Jedoch ist auch in diesen Fällen unter Umständen eine Abschaltung abhängig vom Bedarf denkbar, wie etwa bei Bedarfsampeln. Beleuchtung, die diesen oder andere Zwecke, die im Allgemeinen, öffentlichen Interesse liegen, nicht erfüllt, ist ob ihrer Notwendigkeit jedoch zu prüfen. In vielen Fällen ist sie, von Werbeeffekten abgesehen, offenbar völlig zwecklos und obsolet. Sollte Beleuchtung beispielsweise dem Markenimage eines Geschäfts dienen, ist zu diesem Zweck allerdings auch erforderlich, dass diese gesehen wird. Das ist insbesondere nachts, innerhalb der Ruhezeiten, naturgemäß erheblich weniger der Fall als beispielsweise im Winter, vor Ladenschluss. Da der Stromverbrauch und auch die Lichtverschmutzung eindeutig messbar sind, sollte dem ein ebenfalls messbarer Mehrwert gegenüberstehen, was nicht der Fall ist. Es sollte hierbei allerdings beachtet werden, dass der Schaden, der durch Beleuchtung entsteht, Schaden an Allgemeingut (Natur/Umwelt, Gesundheit der Bevölkerung) darstellt, während der Nutzen einer – je nach Art der Beleuchtung – verhältnismäßig geringen Gruppe allein gilt. Unserer Auffassung nach muss die Prämisse gelten, dass Umweltschutz und Wegfallen von Gefahren für die Gesundheit von übergeordnetem Interesse gegenüber marktwirtschaftlichen, nicht messbaren Zwecken zu sein haben. Es lässt sich problemlos herleiten, dass in schwerwiegenderen Fällen die Außenbeleuchtung eines Gewerbegebäudes dem Jahresverbrauch eines oder mehrerer Zwei-Personen- Haushalten gleichkommt. Unter der Annahme, dass die Beleuchtung zwischen Sonnenuntergang und -aufgang aktiv ist, ergibt das im Mittel eine Beleuchtungsdauer von 12 Stunden am Tag. Durch Abschalten während der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens (8 Stunden), kann der Jahresverbrauch um zwei Drittel gesenkt werden. Selbstverständlich ist der tatsächliche Stromverbrauch abhängig vom Einzelfall. Wenn es sich bei dem Gebäude um ein Ladengeschäft handelt, welches zu üblichen Zeiten schließt (z.B. 18Uhr), erfüllt die Außenbeleuchtung danach keinen messbaren Zweck. Nicht einmal theoretisch ließe sich begründen, warum eine Außenbeleuchtung angeschaltet sein muss, wenn es in unmittelbarer Umgebung keinen nennenswerten Publikumsverkehr gibt. Gleiches gilt auch für Schaufensterbeleuchtung und freistehende Werbetafeln. Es gibt Vorgaben bezüglich adäquater Beleuchtung von Fluchtwegen. Diese fällt offensichtlich nicht unter die Kategorie der entbehrlichen Beleuchtung. Wenn eine zeitgemäße Fluchtwegbeleuchtung allerdings fehlt, wird notwendigerweise die übliche Raumbeleuchtung stattdessen brennen gelassen, welche für diesen Zweck völlig überdimensioniert ist. In manchen Gebäuden sind etwa Flure, Toiletten, Treppenhäuser, etc. dauerhaft beleuchtet, weil es keine leicht zugänglichen Lichtschalter gibt. In solchen Fällen fordern wir die Nachrüstung von Bewegungsmeldern, wo es sinnvoll ist, oder von Lichtschaltern anderswo, sowie Zeitschaltuhren. Dies gilt auch und besonders für öffentliche Gebäude, oder andere Gebäude, die öffentliche Gelder empfangen. Die Beleuchtung von Wahrzeichen der Stadt ist touristisch relevant. Allerdings ist denkbar, dass solche in Zukunft dem Image der Stadt sogar schaden könnte, mit weltweit wachsendem Umweltbewusstsein. Wie im letzten Sachstandsbericht des IPCC abermals festgehalten, bedarf es in der Bekämpfung der Klimakatastrophe vor allem systemischer Veränderungen, vielmehr als persönlicher Verantwortung einzelner. Es ergibt von daher Sinn, dass Hamburg eine Vorreiter:innenrolle übernimmt und auch die Beleuchtung von Wahrzeichen im Regelfall abschaltet. Zu Festzeiten, etwa dem Hafengeburtstag, Feiertagen oder ähnlichem die Beleuchtung extra einzuschalten, kann die Symbolik der Feste möglicherweise unterstreichen. Ferner fordern wir explizit die Abschaltung außerhalb üblicher Nutzungszeiten, welche beispielsweise im Falle der Elbphilharmonie, Theatern oder ähnlichem, oder auch Etablissements entlang der Reeperbahn nachts sind, wodurch diese nicht von der Forderung betroffen sind.

Beschluss: Annahme in geänderter Fassung
Text des Beschlusses:

Der Landesparteitag möge beschließen: Die SPD Hamburg begrüßt die von der Bundesregierung erlassene Verordnung zur Energieeinsparung und setzt sich für eine konsequente Umsetzung in Hamburg ein. Nach Auslaufen der Verordnung soll geprüft werden, welche Energieeinsparungen erzielt werden konnten und ob daher einzelne Maßnahmen auch zukünftig fortgesetzt werden sollten.

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: