2022/I/Arb/2 Betriebsräte und Tarifverträge für Beschäftigte in Kirchen und ihren Einrichtungen

Status:
Annahme

Die Distriktsversammlung Barmbek-Uhlenhorst-Hohenfelde hat beschlossen:

Der Landesparteitag möge zur Weiterleitung an den Bundesparteitag beschließen:

Tarifrecht und Betriebsverfassungsgesetz müssen auch für kirchliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten. Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestages und der Bundesregierung werden aufgefordert, dieses Ziel rechtlich und politisch umzusetzen.

Begründung:
  1. Bereits der ordentliche Bundesparteitag im November 2013 hat mit der Annahme des Antrags Ar 23 vom Landesverband Berlin die SPD-Abgeordneten im Bundestag aufgefordert, sich für die Aufhebung der Sonderbestimmungen für das Arbeitnehmer:innenrecht in kirchlichen Einrichtungen einzusetzen. Der Satz unseres Zukunftsprogramms „Gemeinsam mit den Kirchen wollen wir einen Weg erarbeiten, ihr Arbeitsrecht dem allgemeinen Arbeits- und Tarifrecht sowie der Betriebsverfassung anzugleichen“ wurde in den Koalitionsvertrag übernommen. Die politischen Rahmenbedingungen zur Durchsetzung dieses Arbeitnehmer:innenrechts sind vorhanden und die Zeit ist reif.
  2. Die Nicht-Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes auf „Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform“ in Abs. 2 BetrVG muss gestrichen werden,
    • weil kirchliche Arbeitnehmer:innen dadurch gegenüber anderen abhängig Beschäftigten in ihren Mitbestimmungsrechten diskriminiert werden;
    • weil der Verweis auf die Weimarer Reichsverfassung, deren Artikel zum Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in das Grundgesetz übernommen wurden, rechtlich falsch ist, denn während der Weimarer Republik galt das damalige Betriebsrätegesetz auch für die Kirchen und ihre Einrichtungen;
    • weil die Gewerkschaften in den Mitarbeitendenvertretungsgesetzen der Kirchen und ihrer Einrichtungen im Unterschied zum BetrVG ausgegrenzt sind;
    • weil das Arbeitsrecht nicht teilbar ist – auch nicht zu Lasten kirchlicher Arbeitnehmer:innen;
    • weil Beschäftigte in den Kirchen und ihren Einrichtungen Arbeitnehmer:innen sind, wie andere auch, und das Arbeitsrecht nicht teilbar ist.
  3. Das Grundrecht der Tarifautonomie nach Art. 9, 3 GG muss auch für alle kirchlich Beschäftigten, besonders in den Wohlfahrtsverbänden Caritas und Diakonie, gelten,
    • weil der sogenannte „Dritte Weg“ mit seinen „Arbeitsrechtlichen Kommissionen“ ohne Streikrecht keine unabhängige Interessenvertretung ermöglicht, wie die Ablehnung des geplanten Bundestarifvertrags Pflege durch die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas zeigt;
    • weil auch hier der Verweis auf die Weimarer Reichsverfassung falsch ist, denn in der Weimarer Republik gab es Streiks von Kirchenbeschäftigten in Berlin und Hamburg;
    • weil die bisherigen Beispiele von Tarifverträgen im westdeutschen Teil der Nordkirche sowie in einzelnen diakonischen Krankenhäusern und Behinderteneinrichtungen zeigen, dass Tarif- und Streikrecht auch in Kirchenbetrieben sozialpartnerschaftliche Normalität sein können.
Beschluss: so angenommen
Text des Beschlusses:

Die Distriktsversammlung Barmbek-Uhlenhorst-Hohenfelde hat beschlossen:

Der Landesparteitag möge zur Weiterleitung an den Bundesparteitag beschließen:

Tarifrecht und Betriebsverfassungsgesetz müssen auch für kirchliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten. Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestages und der Bundesregierung werden aufgefordert, dieses Ziel rechtlich und politisch umzusetzen.

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: