Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge beschließen:
Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bürgerschaft und des Senats mögen sich dafür einsetzen, dass:
1. Eine jährliche Statistik veröffentlicht wird, in welcher der Umfang der Funkzellenabfragen in Hamburg einsehbar ist. Diese Statistik sollte mindestens folgende Punkte beinhalten, jedoch nicht den individuellen Datenschutz oder laufende Verfahren gefährden:
a. die Anzahl der beantragten und bewilligten Funkzellenabfragen;
b. die jeweils zugrundeliegenden Straftatbestände, deretwegen die Maßnahme beantragt wurde;
c. die Rechtsgrundlage für die entsprechende Maßnahme;
d. die jeweilige Anzahl der durch die Funkzellenabfragen betroffenen Telekommunikationsanschlüsse;
e. die Anzahl der in diesem Kontext getätigten Abfragen der zugehörigen Anschlussdaten;
f. die Anzahl der Verfahren, in denen die Funkzellendaten verwendet bzw. eingebracht wurden;
g. die Standorte bzw. Gebiete der jeweils abgefragten Funkzellen.
2. in Hamburg ein System ähnlich dem Berliner Funkzellenabfragen-Transparenz-System (FTS) eingeführt wird, über welches Bürger*innen, die sich registrieren, bei Betroffenheit von einer Funkzellenabfrage informiert werden können.
Die Funkzellenabfrage nach § 100g StPO erlaubt Strafverfolgungsbehörden, Verkehrsdaten aus Mobilfunknetzen abzurufen. Dabei werden sämtliche in einer Funkzelle zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeloggten Mobilfunknummern erfasst – unabhängig davon, ob die Personen hinter den Nummern in Verbindung mit der Straftat stehen oder nicht. Da alle Netzbetreiber Mobilfunkdaten mindestens sechs Monate vorspeichern, ist diese Maßnahme auch noch lange nach dem jeweiligen Ereignis durchführbar.
Jährliche Veröffentlichung einer Statistik über Funkzellenabfragen in Hamburg
Die Funkzellenabfrage ist insbesondere als Mittel zur Verfolgung schwerer Straftaten gedacht (vgl. § 100g Abs. 1 Nr. 1 StPO), zugleich stellt sie einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte dar – insbesondere in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der massenhafte Zugriff auf Daten unbeteiligter Personen wirft grundrechtliche und rechtsstaatliche Fragen auf. Dennoch existiert in Hamburg bislang keine öffentliche Übersicht über den Umfang und die konkrete Anwendung dieser Maßnahme.
Ein Blick nach Berlin zeigt, wie dringend Transparenz notwendig ist: Dort wurde durch ein entsprechendes Gesetz bekannt, dass allein im Jahr 2016 über 112 Millionen Mobilfunkdatensätze im Rahmen von 491 Funkzellenabfragen erfasst wurden. Für Hamburg gibt es keine vergleichbaren Zahlen. Die breite Öffentlichkeit hat keine Möglichkeit zu erfahren, in welchem Umfang Strafverfolgungsbehörden diese Ermittlungsmaßnahme einsetzt.
Eine jährlich veröffentlichte, differenzierte Statistik ermöglicht es, den Einsatz kritisch zu bewerten und zu prüfen – insbesondere, wenn die Maßnahme zunehmend auch gegen zivilgesellschaftliche Gruppen zum Einsatz kommt. Die Aufschlüsselung nach Straftatbeständen ist dabei entscheidend, um die tatsächliche Praxis der Behörden sichtbar zu machen und einzuordnen.
Einführung eines Funkzellenabfragen-Transparenz-System für betroffene Bürger*innen
Trotz der Vielzahl an betroffenen Personen werden Menschen, deren Daten durch eine Funkzellenabfrage erfasst wurden, in der Regel nicht darüber informiert. Staatsanwaltschaften lehnen eine Benachrichtigung oft mit der Begründung ab, es gebe kein nachweisbares Interesse der Betroffenen.
Dabei wäre eine technische Umsetzung sehr einfach möglich – wie das Berliner Funkzellenabfragen-Transparenz-System (FTS) zeigte: Wer sich dort registrierte, konnte benachrichtigt werden, falls das eigene Mobiltelefon im Rahmen einer Funkzellenabfrage erfasst wurde. Ein solches System schafft nicht nur Transparenz, sondern auch Vertrauen in staatliches Handeln und stärkt die Rechte der Bürger*innen. In Berlin wurde das System letztes Jahr wieder abgeschafft. Allerdings nicht, weil es nicht funktioniert hat oder das Interesse der Bürger*innen fehlte, sondern weil die schwarz-rote Regierung das Geld dafür gestrichen hat.
In einer demokratischen Gesellschaft ist es essenziell, dass staatliche Grundrechtseingriffe nachvollzieh- und kontrollierbar sind. Ein FTS bietet Betroffenen eine einfache Möglichkeit, ihr Informationsrecht wahrzunehmen – und sorgt dafür, dass staatliches Handeln nicht im Dunkeln stattfindet.
Transparenz wirkt immer demokratiefördernd. Beide Forderungen – die Veröffentlichung einer jährlichen Statistik und die Einführung eines FTS – sind sinnvolle und technisch machbare Schritte zu mehr rechtsstaatlicher Kontrolle.