Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge beschließen:
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion und die sozialdemokratischen Vertreter*innen des Hamburger Senats setzen sich für den Aufbau einer Meldestelle zu rassistischen und antisemitischen Vorfällen in Hamburg ein. Sie soll gemeinsam mit entsprechenden etablierten Verbänden und Akteur*innen (wie zum Beispiel die Beratungsstelle „empower“) entwickelt werden und innerhalb der nächsten Legislaturperiode (2025-2030) ihre Arbeit aufnehmen.
Rassistische Chats zwischen Hamburger Polizeibeamten, Hitlergruß an den Landungsbrücken, rassistische Beleidigungen und Bedrohungen von Menschen mit Migrationshintergrund, antisemitische Gewalttaten – all das passiert in Hamburg. Obwohl unsere Stadt dem politischen Trend im Bund trotzt und die AfD bei der letzten Bürgerschaftswahl ein vergleichsweise niedriges Wahlergebnis eingefahren hat, rassistische und antisemitische Vorfälle sind auch hier trauriger Alltag. So berichtet die Hamburger Beratungsstelle „empower“ für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, dass in 2024 drei bis vier rassistische oder antisemitische Vorfälle pro Tag gemeldet wurden. „empower“ unterstützt und berät Betroffene und Angehörige, wenn sie rassistische und antisemitische Bedrohungen und Gewalt erfahren. Die Beratungsstelle weist auch darauf hin, dass rassistische und antisemitische Vorfälle zuletzt aufgrund des Rechtsrucks in Politik und Gesellschaft zugenommen haben. Täter*innen fühlen sich durch den populistischen Diskurs geschützt und ermutigt. Was sie vorher vielleicht nur für sich gedacht haben, sprechen sie nun ungehemmter aus und lassen ihren Gedanken Taten folgen. Diese Nachrichten sind bedrückend und machen Angst, vor allem Hamburger*innen mit Migrationshintergrund und Jüd*innen. Um sie zu stärken und Vorfälle sichtbar zu machen, soll in Absprache mit Expert*innen aus der Zivilgesellschaft eine Meldestelle aufgebaut werden. Sie soll dazu dienen, dass Betroffene, Angehörige und Zeug*innen niedrigschwellig (mit)erlebte rassistische und antisemitische Beleidigungen, Bedrohungen und Gewalt melden können, wenn z.B. die Strafbarkeitsgrenze nicht überschritten wurde und keine Anzeige bei der Polizei gestellt werden kann. So können Vorfälle erfasst, analysiert und dokumentiert werden, auch wenn sie in keine Kriminalstatistik fließen. Mit den Ergebnissen wird eine umfangreiche statistische Grundlage für weitere politische Maßnahmen gegen Diskriminierung und Vorfälle in Hamburg beigetragen. Nordrhein-Westfalen hat seit dem 17. März 2025 insgesamt fünf Meldestellen (Antisemitismus; Antiziganismus; Muslimfeindlichkeit; Hass gegen queere Menschen; Anti-Schwarzer, antiasiatischer und weitere Formen von Rassismus) aktiviert. Initiiert wurden diese von der 2022 noch schwarzgelben (!) Landesregierung. Bei den Meldestellen können diskriminierende Vorfälle – auch solche unter der Strafbarkeitsgrenze – online und anonym gemeldet werden. Die Meldungen haben keine juristischen Konsequenzen, sondern dienen vor allem der Dokumentation und Analyse (s.o.). Hamburg könnte sich bei der Entwicklung einer Meldestelle an dem Prozess in NRW orientieren.
1 https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Razzia-bei-Hamburger-Polizisten-wegen-rassistischerChats,polizei7450.html
2 https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article408358792/st-pauli-mann-zeigt-auf-hafenfaehrehitlergruss-und-attackiert-fahrgast.html
3 https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Rassismus-im-Alltag-nimmt-auch-in-Hamburgzu,rasissmus104.html
4 https://hamburg.arbeitundleben.de/politische-bildung/empower/monitoring-2023/
5 https://www.dezim-institut.de/presse/presse-detail/ablehnung-angst-und-abwanderungsplaene-diegesellschaftlichen-folgen-des-aufstiegs-der-afd/
6 https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/meldestellen-rassismus-nrw-start-102.html