Nicht nur die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, sondern auch der Russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben deutlich gemacht wie verwundbar die Europäische Union gegenüber Störungen internationaler Lieferketten ist. Unsere Gesundheitssysteme wurde durch die bestehenden einseitigen Lieferabhängigkeiten in der Arzneimittelproduktion empfindlich getroffen. So sind etwa viele Antibiotika aus der Kinderarznei nicht mehr verfügbar, sodass kürzlich einige Bundesländer bekanntgegeben haben, die Einfuhrregeln von nicht zugelassenen Medikamenten – etwa Antibiotika-Säften – zu lockern.
Aktuell findet die Produktion der meisten medizinischen Wirkstoffe zum großen Teil im Ausland statt und konzentriert sich dort auf wenige Standorte – manchmal sogar auf eine einzige Fabrik weltweit. Nach Schätzungen werden mittlerweile etwa 80 bis 90 Prozent aller Antibiotika in China und Indien hergestellt. Kommt es dann aus verschiedensten Gründen zu einer Störung der Lieferketten, steht die Versorgungssicherheit in Deutschland und in der Europäischen Union auf dem Spiel.
Wir fordern daher die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament dazu auf, eine konzertierte Aktion innerhalb der Europäischen Union zur Sicherung der Arzneimittelversorgung voranzutreiben.
Es ist zu begrüßen, dass die Europäische Kommission erste Schritte in Bezug auf die Arzneimittelkrise eingeleitet hat. Insbesondere wurde 2021 die Generaldirektion für Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA) eingerichtet, deren Ziel sein soll, zur strategischen Autonomie im Bereich der Arzneiherstellung beizutragen. Hier fehlt es aber noch an einer Strategie, die mit konkreten Maßnahmen versehen ist. Diese gilt es in Zusammenarbeit mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) herauszuarbeiten. Mit dem Important Project of Common European Interest Health (IPCEI-Health) wurde außerdem ein Fonds zur Stärkung der europäischen Gesundheitswirtschaft aufgelegt. Auch die Bundesregierung hat mit dem Plan zur Verhinderung von Medikamentenengpässen entscheidende Weichen gestellt. Diese gilt es noch stärker europäisch zu verzahnen, dabei stehen die Elemente Rückverlagerung der Produktion, Diversifizierung der Lieferketten und Bevorratung im Vordergrund.
Rückverlagerung der Produktion
Um die Produktionsstandort Europa zu stärken, müssen mehr finanzielle Mittel in den Aufbau und möglichen Umbau von Produktionsstätten für besonders kritische Wirkstoffe und Arzneimittel investiert werden. Neben einer sukzessiven Erhöhung der IPCEI-Mittel muss der neue Mehrjährige Finanzrahmen der EU ab 2028 sicherstellen, dass die Mittel für HERA sowie für das Forschungsprogramm HORIZON erhöht werden.
Für die Entwicklung neuer Arzneimittel – vor allem Antibiotika – und die Produktion im Sinne einer langfristigen Versorgungsstrategie muss verstärkt die Gründung öffentlich-privater Produktentwicklungsgesellschaften auf europäischer Ebene vorangetrieben werden. Neben der Stärkung der Innovative Medicine Initiative – einer Initiative der Europäischen Kommission und der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA – Dachverband) – wäre es sinnvoll, die Gründung weiterer Public Private Partnerships sowohl finanziell als auch durch Herstellung geeigneter Rahmenbedingungen zu fördern. Hier geht es vor allem darum, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass langfristig Arzneimittel und Antibiotika in der EU / in Europa entwickelt und produziert werden.
Diversifizierung der Lieferketten
Zur Sicherung und Diversifizierung unserer Lieferketten braucht es eine verstärkte gemeinsame Beschaffung von Arzneimitteln auf europäischer Ebene. Damit schaffen wir nicht nur allen 27 Mitgliedstaaten den gleichen Zugang zu wichtigen Arzneimitteln und Medizinprodukten, sondern verfügen mit knapp 450 Mio. Bürger:innen auch über eine beträchtliche Marktmacht. Bei den Auswahlkriterien im Beschaffungsprozess sollte künftig nicht ausschließlich auf das Prinzip des „wirtschaftlich günstigsten Angebots“ gesetzt werden, sondern unter anderem auch berücksichtigt werden, inwiefern das jeweilige Produkt zur Versorgungssicherheit der EU beiträgt. Dazu gehört insbesondere die Verlagerung der Produktion in die EU selbst („reshoring“) aber auch die Herstellung in den umliegenden Staaten der EU („nearshoring“).
Bevorratung
In Zukunft müssen die Hersteller und Distributoren verstärkt bei der Vorratshaltung in die Pflicht genommen werden. Hierbei braucht es ein gemeinsames (digitales) Monitoring der Europäischen Union. Dieses ist so auszugestalten, dass es als gemeinsame transparente Plattform für die Kommission sowie nationalen Regierungen und die Hersteller dient und die Verfügbarkeit und Engpässe von Antibiotika und Arzneimitteln offenlegt. Hierfür könnten Synergien mit der sich im Aufbau befindenden „European Shortages Monitoring Platform“ (als Teil der EMA) gehoben werden.
Nicht nur die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, sondern auch der Russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben deutlich gemacht wie verwundbar die Europäische Union gegenüber Störungen internationaler Lieferketten ist. Unsere Gesundheitssysteme wurde durch die bestehenden einseitigen Lieferabhängigkeiten in der Arzneimittelproduktion empfindlich getroffen. So sind etwa viele Antibiotika aus der Kinderarznei nicht mehr verfügbar, sodass kürzlich einige Bundesländer bekanntgegeben haben, die Einfuhrregeln von nicht zugelassenen Medikamenten – etwa Antibiotika-Säften – zu lockern.
Aktuell findet die Produktion der meisten medizinischen Wirkstoffe zum großen Teil im Ausland statt und konzentriert sich dort auf wenige Standorte – manchmal sogar auf eine einzige Fabrik weltweit. Nach Schätzungen werden mittlerweile etwa 80 bis 90 Prozent aller Antibiotika in China und Indien hergestellt. Kommt es dann aus verschiedensten Gründen zu einer Störung der Lieferketten, steht die Versorgungssicherheit in Deutschland und in der Europäischen Union auf dem Spiel.
Wir fordern daher die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament dazu auf, eine konzertierte Aktion innerhalb der Europäischen Union zur Sicherung der Arzneimittelversorgung voranzutreiben.
Es ist zu begrüßen, dass die Europäische Kommission erste Schritte in Bezug auf die Arzneimittelkrise eingeleitet hat. Insbesondere wurde 2021 die Generaldirektion für Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA) eingerichtet, deren Ziel sein soll, zur strategischen Autonomie im Bereich der Arzneiherstellung beizutragen. Hier fehlt es aber noch an einer Strategie, die mit konkreten Maßnahmen versehen ist. Diese gilt es in Zusammenarbeit mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) herauszuarbeiten. Mit dem Important Project of Common European Interest Health (IPCEI-Health) wurde außerdem ein Fonds zur Stärkung der europäischen Gesundheitswirtschaft aufgelegt. Auch die Bundesregierung hat mit dem Plan zur Verhinderung von Medikamentenengpässen entscheidende Weichen gestellt. Diese gilt es noch stärker europäisch zu verzahnen, dabei stehen die Elemente Rückverlagerung der Produktion, Diversifizierung der Lieferketten und Bevorratung im Vordergrund.
Rückverlagerung der Produktion
Um die Produktionsstandort Europa zu stärken, müssen mehr finanzielle Mittel in den Aufbau und möglichen Umbau von Produktionsstätten für besonders kritische Wirkstoffe und Arzneimittel investiert werden. Neben einer sukzessiven Erhöhung der IPCEI-Mittel muss der neue Mehrjährige Finanzrahmen der EU ab 2028 sicherstellen, dass die Mittel für HERA sowie für das Forschungsprogramm HORIZON erhöht werden.
Für die Entwicklung neuer Arzneimittel – vor allem Antibiotika – und die Produktion im Sinne einer langfristigen Versorgungsstrategie muss verstärkt die Gründung öffentlich-privater Produktentwicklungsgesellschaften auf europäischer Ebene vorangetrieben werden. Neben der Stärkung der Innovative Medicine Initiative – einer Initiative der Europäischen Kommission und der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA – Dachverband) – wäre es sinnvoll, die Gründung weiterer Public Private Partnerships sowohl finanziell als auch durch Herstellung geeigneter Rahmenbedingungen zu fördern. Hier geht es vor allem darum, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass langfristig Arzneimittel und Antibiotika in der EU / in Europa entwickelt und produziert werden.
Diversifizierung der Lieferketten
Zur Sicherung und Diversifizierung unserer Lieferketten braucht es eine verstärkte gemeinsame Beschaffung von Arzneimitteln auf europäischer Ebene. Damit schaffen wir nicht nur allen 27 Mitgliedstaaten den gleichen Zugang zu wichtigen Arzneimitteln und Medizinprodukten, sondern verfügen mit knapp 450 Mio. Bürger:innen auch über eine beträchtliche Marktmacht. Bei den Auswahlkriterien im Beschaffungsprozess sollte künftig nicht ausschließlich auf das Prinzip des „wirtschaftlich günstigsten Angebots“ gesetzt werden, sondern unter anderem auch berücksichtigt werden, inwiefern das jeweilige Produkt zur Versorgungssicherheit der EU beiträgt. Dazu gehört insbesondere die Verlagerung der Produktion in die EU selbst („reshoring“) aber auch die Herstellung in den umliegenden Staaten der EU („nearshoring“).
Bevorratung
In Zukunft müssen die Hersteller und Distributoren verstärkt bei der Vorratshaltung in die Pflicht genommen werden. Hierbei braucht es ein gemeinsames (digitales) Monitoring der Europäischen Union. Dieses ist so auszugestalten, dass es als gemeinsame transparente Plattform für die Kommission sowie nationalen Regierungen und die Hersteller dient und die Verfügbarkeit und Engpässe von Antibiotika und Arzneimitteln offenlegt. Hierfür könnten Synergien mit der sich im Aufbau befindenden „European Shortages Monitoring Platform“ (als Teil der EMA) gehoben werden.