2023/I/Arb/4 Faire Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft

Status:
Annahme

Der Landesparteitag der SPD Hamburg beschließen:

Die Bürgerschaftsfraktion wird aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass

  1. eine eindeutige Definition des Qualifizierungsbegriffs festgeschrieben wird
  2. die Verankerung von Mindestlaufzeiten für die Qualifizierungsbefristung, die als Mindestlaufzeit die Bewilligungszeiträume von Drittmittelförderungen berücksichtigt werden. Als Vorbild kann hier der §28 Hamburgisches Hochschulgesetz dienen.
  3. die Trennung von Projektbefristung, Qualifizierungsbefristung und Daueraufgaben implementiert wird.
  4. eine verbindliche Ausgestaltung der Verlängerungsoptionen zum Nachteilsausgleich festgeschrieben wird.
  5. studentische Beschäftigungszeiten nicht in die festgesetzten Fristen anzurechnen sind.
  6. ein Beteiligungsverfahren von Hochschulen, Studierenden, Doktorandinnen und Doktoranden, Beschäftigten im tenure track Verfahren, von Habilitandinnen und Habilitanden sowie von Gewerkschaften und Personalräten zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz eingeleitet wird.
  7. geprüft wird, inwieweit Habilitandinnen und Habilitanden dem Qualifizierungsweg des tenure track gleichgestellt werden und bei erfolgreicher Habilitation eine Verstetigung erfahren.
  8. geprüft wird, inwieweit der Bundesgesetzgeber in föderale Strukturen eingreift.
  9. sichergestellt wird, dass es zu keiner Altersdiskriminierung gibt und im Sinne eines lebenslangen Lernens Stellen ohne Altersvorgaben ausgeschrieben werden.
Begründung:

#IchbinHannah hat die prekären Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses in die breite Öffentlichkeit getragen. In Deutschland sind vom Wissenschaftszeitvertragsgesetz aktuell ca. 250.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betroffen und weitere Generationen folgen. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hatte bereits 2012 eine Novelle des Gesetzes gefordert und eine Bundesratsinitiative gestartet. 2016 gab es dann eine erste Novelle, die aber aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der damaligen großen Koalition nicht alle Forderungen von Gewerkschaften, Interessenverbänden und von uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten übernommen hat. Nunmehr liegt ein Referentenentwurf aus dem FDP geführten Ministerium vor, der ein neoliberale Handschrift trägt. Die Qualifizierungszeiten der Postdoc-Phase werden auf zwei Jahre (mit Verlängerungsmöglichkeit auf drei) begrenzt, zuvor waren es 6 Jahre. Völlig unberücksichtigt bleiben die Drittmittelbewilligungen, die über diese Zeitspanne hinausreichen. Kritisiert wird auch, dass der Bundesgesetzgeber in Länderrechte eingreift, Vorgaben macht, die nicht gegenfinanziert werden und die Länderhaushalte belasten würden.

 

Anlage:

  • 28 HmbHG – Dienstrechtliche Stellung der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

(1) Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Promotion oder eine vergleichbare Qualifikation anstreben, werden in befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt, deren Dauer bei der ersten Anstellung grundsätzlich drei Jahre betragen soll. Im Falle einer behinderungsbedingten Verzögerung des Abschlusses soll eine angemessene Überschreitung um bis zu 18 Monate zugelassen werden. Sie werden grundsätzlich mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit des öffentlichen Dienstes beschäftigt. Ihnen ist Gelegenheit zur Vorbereitung einer Promotion oder einer vergleichbaren Qualifikation zu geben; dafür erhalten sie mindestens ein Drittel der jeweiligen Arbeitszeit. Die ihnen übertragenen Aufgaben sollen zugleich der angestrebten Qualifikation förderlich sein.

(2) Wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, deren Aufgabe auch die Erbringung zusätzlicher wissenschaftlicher Leistungen (§ 15 Absatz 4 Satz 2) oder zusätzlicher künstlerischer Leistungen (§ 15 Absatz 5) ist, werden in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder als Akademische Rätinnen und Räte im Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von drei Jahren beschäftigt. Das Arbeits- oder Dienstverhältnis wird mit ihrer Zustimmung um die erforderliche Zeit, höchstens jedoch um drei Jahre, verlängert, wenn die bisher erbrachten Leistungen positiv bewertet worden sind und zu erwarten ist, dass sie in dieser Zeit die zusätzlichen wissenschaftlichen oder künstlerischen Leistungen erbringen werden. Ihnen ist ein Zeitanteil von mindestens einem Drittel der Arbeitszeit zur eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Arbeit zu gewähren.

(3) Wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht nach den Absätzen 1 und 2 beschäftigt werden, werden in unbefristeten oder befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Soweit überwiegend Daueraufgaben in Forschung oder Lehre wahrgenommen werden, die nicht der Qualifizierung der oder des Beschäftigten dienen, sind hierfür Stellen zur unbefristeten Beschäftigung vorzuhalten. Zur Wahrnehmung unbefristeter Aufgaben können sie im Akademischen Dienst in der Laufbahn der wissenschaftlichen Dienste im Beamtenverhältnis auf Probe mit dem Ziel der Verbeamtung auf Lebenszeit eingestellt werden.

 

Beschluss: Annahme
Text des Beschlusses:

Der Landesparteitag der SPD Hamburg beschließen:

Die Bürgerschaftsfraktion wird aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass

  1. eine eindeutige Definition des Qualifizierungsbegriffs festgeschrieben wird
  2. die Verankerung von Mindestlaufzeiten für die Qualifizierungsbefristung, die als Mindestlaufzeit die Bewilligungszeiträume von Drittmittelförderungen berücksichtigt werden. Als Vorbild kann hier der §28 Hamburgisches Hochschulgesetz dienen.
  3. die Trennung von Projektbefristung, Qualifizierungsbefristung und Daueraufgaben implementiert wird.
  4. eine verbindliche Ausgestaltung der Verlängerungsoptionen zum Nachteilsausgleich festgeschrieben wird.
  5. studentische Beschäftigungszeiten nicht in die festgesetzten Fristen anzurechnen sind.
  6. ein Beteiligungsverfahren von Hochschulen, Studierenden, Doktorandinnen und Doktoranden, Beschäftigten im tenure track Verfahren, von Habilitandinnen und Habilitanden sowie von Gewerkschaften und Personalräten zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz eingeleitet wird.
  7. geprüft wird, inwieweit Habilitandinnen und Habilitanden dem Qualifizierungsweg des tenure track gleichgestellt werden und bei erfolgreicher Habilitation eine Verstetigung erfahren.
  8. geprüft wird, inwieweit der Bundesgesetzgeber in föderale Strukturen eingreift.
  9. sichergestellt wird, dass es zu keiner Altersdiskriminierung gibt und im Sinne eines lebenslangen Lernens Stellen ohne Altersvorgaben ausgeschrieben werden.
Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: