2022/II/Verk/14 Bedarfsgerechte Finanzierung statt Pauschale – Ein modernes Sozialticketsystem für den Hamburger ÖPNV schaffen

Status:
Erledigt

Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge beschließen:

Die SPD-Hamburg wird aufgefordert sich in der Hamburgischen Bürgerschaft für folgende Maßnahmen einzusetzen:

Zeitkarten des HVV für den Bereich Hamburg AB dürfen in Verbindung mit dem Sozialrabatt der Stadt nicht mehr kosten, als der Anteil des Regelbedarfes von Arbeitslosengeld II (oder vergleichbarer oder zukünftiger Sozialleistungen der Grundsicherung) für Verkehr und Mobilität vorsieht.

Der Sozialrabatt der Stadt soll dazu jährlich an die Preisveränderungen des HVV, sowie Veränderungen des für Verkehr und Mobilität vorgesehenen Anteil am Regelbedarf von Arbeitslosengeld II (oder vergleichbarer oder zukünftiger Sozialleistungen der Grundsicherung) angepasst werden.

Anrecht auf einen entsprechenden Sozialrabatt sollen weiterhin alle Leistungsempfänger:innen sowie alle Mitglieder deren Bedarfsgemeinschaft haben, welche Leistungen nach SGB II (Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld oder Vergleichbare), 3. Kapitel des SGB XII (laufende Hilfen zum Lebensunterhalt), 4. Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) oder Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehen und ihren Wohnsitz in der Freien und Hansestadt Hamburg haben.

Begründung:

Über neun Prozent[1] der Hamburger Bevölkerung bezieht ALG II oder vergleichbare Leistungen der Grundsicherung. Dies sind über 190.000 Hamburger:innen. Die meisten dieser Menschen Leben nicht in den zentral gelegenen Stadtteilen von Hamburg, sondern dort, wo die Lebenshaltungskosten grade noch so für sie bezahlbar sind in Harburg, Borgfelde, auf der Veddel oder in Billstedt[2].

Die Armutsforschung kommt schon lange zu dem Ergebnis, dass die Leistungen des ALG II zwar zum Überleben reichen, aber langfristig in die Armut führen. Der Politikwissenschaftler und Armutsforscher Christoph Butterwegge verwies schon 2018 darauf, dass der niedrige Regelsatz der Leistungen dazu führt, dass Menschen von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen werden, weil sie sich diese schlichtweg nicht mehr leisten können. Dabei geht es jedoch nicht nur um Kinobesuche oder Fahrten im Autoscooter, sondern auch um grundlegende menschliche Bedürfnisse wie Mobilität.

Genau 40 Euro und 27 Cent beträgt der Anteil des ALG II Regelsatzes, mit dem die Empfänger:innen pro Monat ihre Kosten für Verkehr und Mobilität decken sollen. Eine Monatskarte im Abo für den Bereich „Hamburg AB“ kostet aktuell 93,70 EUR. Zu teuer für Leistungsbezieher:innen. Das hat die Stadt Hamburg auch erkannt und gewährt deshalb Grundsicherungsempfänger:innen auf Antrag hin einen Sozialrabatt.

Doch es gibt einen Haken. Laut einer Erhebung des Verkehrsclubs Deutschland ist Hamburgs Sozialticket deutschlandweiter Spitzenreiter – im Preis. Viele Leistungsbezieher:innen können sich in Hamburg daher trotz Sozialrabatt kein HVV-Ticket leisten und sind damit von der modernen Mobilitätsinfrastruktur der Stadt abgeschnitten.

Dies liegt am Modell des Hamburger Sozialrabattes. Dieser ermäßig alle Zeitkarten des HVV pauschal um 23 Euro. Bei einem Preis von 93,70 EUR kostet die AB-Karte nach Abzug des Rabattes immer noch 70,70 EUR und liegt damit 30,43 EUR über dem für Mobilität vorgesehenen Anteil des Regelsatzes. Ein Betrag, der für Leistungsempfänger:innen nicht aufzubringen ist.

Um die gesellschaftliche Teilhabe für Leistungsbezieher:innen in Hamburg wieder bezahlbar zu machen, muss daher das Sozialrabattsystem verändert werden! Statt pauschal 23 EUR auf alle Zeitkarten zu gewähren, soll der Rabatt angepasst werden.

Wir fordern daher, die Anpassung des Rabattes an die Regelsätze. Mit diesem System soll das bisherige Rabattsystem beibehalten werden, aber sichergestellt werden, dass der Preis, welchen Leistungsempfänger:innen für eine Jahreskarte des Bereiches AB zahlen, nicht den dafür vorgesehenen Anteil in ihrem Regelsatz überschreitet.

Mobilität ist kein Luxusgut, sondern für die gesellschaftliche Teilhabe absolut notwendig und ein menschliches Grundbedürfnis. Mit diesem Antrag wollen wir sicherstellen, dass dieser Grundsatz in Hamburg für alle Menschen gilt.

[1] Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein: 2022/Bundesagentur für Arbeit

[2] Ebd.

Überweisungs-PDF: