Der Landesparteitag der SPD Hamburg möge beschließen:
Senat und Bürgerschaft werden aufgefordert:
- Zur langfristigen Sicherung der ehrenamtlichen Arbeit in den Hamburger Seniorentreffs ist eine dem Bedarf angemessene Zahl von hauptamtlichen Vollzeitstellen – mindestens 10 Stellen – einzurichten. Diese Stellen sind entsprechend der Zahl und Größe der betreuten Seniorentreffs auf die Träger der offenen Seniorenarbeit aufzuteilen und dort direkt zu beschäftigen. Die städtische Finanzierung der Seniorentreffs muss die Personalkosten in vollem Umfang decken.
- Die aktuelle Finanzierung der 84 Seniorentreffs fortzusetzen. Die pauschale Erhöhung von 2 TEUR pro Senior:innentreff zur Qualitätssteigerung pro Jahr wird in die Regelfinanzierung der Seniorentreffs als erster Schritt in eine bedarfsgerechte Finanzierung überführt.
Die 84 Hamburger Senior:innentreffs sind ein unverzichtbarer Baustein in der Daseinsvorsorge für ältere Menschen in dieser Stadt. Mit ihren breit aufgestellten Angeboten an Freizeit, Bildung, Kultur und Beratung sind sie die Treffpunkte für ältere Menschen in den Stadtteilen.
Zum Stichtag 31.12.2020 lebten in Hamburg insgesamt 343.342 Menschen im Alter von 65 Jahren und älter, darunter 147.656 Männer und 195.686 Frauen. 158.735 Personen waren zwischen 65 und 74 Jahre alt und 184.607 Personen waren 75 Jahre und älter. Der prozentuale Anteil der 65-jährigen und älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung Hamburgs betrug 18%. Prognosen berechnen für 2035 eine Bevölkerungsanzahl dieser Altersgruppe von 421.010 Menschen – ein Bevölkerungsanteil von 20,7%. Der Anteil an Senior:innen, die auf Transferleistungen Grundsicherung im Alter, Erwerbsminderung angewiesen sind, liegt mit Stand Juli 2021 bei knapp 40.000 Senior:innen. Die Arbeit in den Senior:innentreffs wird von ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen geleistet. Sie organisieren das Programm, die Bildungs- und Kulturangebote, die Gruppen und Kurse, die Ausflüge, die digitalen Angebote, gestalten die Freizeitangebote, Kaffee- und Spielenachmittage und vieles mehr. Sie erledigen die Einkäufe, unzählige Telefonate, schreiben Anträge, organisieren die Kursleitungen, sorgen für Öffentlichkeitsarbeit, machen die Abrechnungen und Statistiken. Sie organisieren die Teamsitzungen, Fortbildungen und Treffen der Koordinator:innen.
Die enorme Wichtigkeit der Senior:innentreffs für ältere Menschen in der Stadt hat sich insbesondere während der immer noch anhaltenden Corona-Pandemie gezeigt. Die landesweiten Einschränkungen und Schließungen haben die oftmals alleinstehenden Menschen von der Gesellschaft isoliert. Rund 40% der über 60-jährigen Hamburger:innen lebt allein. Gewohnte Wege und soziale Kontakte sind abgebrochen und können nur mit viel Hingabe Ehrenamtlicher wieder etabliert werden. Durch die unterbliebenen täglichen Wege in die Senior:innentreffs litt die körperliche Fitness ebenfalls unter den Schließungen. Dank der ehrenamtlich Aktiven konnte mit zahlreichen Aktionen – von Telefon zu Weihnachts- und Ostergeschenkaktionen bis zu Essensausgabe am offenen Fenster – der Kontakt zu Senior:innen gehalten werden. Hamburg ist den Treffleitungen zu großem Dank verpflichtet.
Die Bereitschaft sich ehrenamtlich zu engagieren ist nach wie vor sehr hoch. Die Menschen engagieren sich heute aber sehr viel zielgerichteter und zeitlich klar definiert. Ein zeitliches Engagement von 40 und mehr Stunden in der Woche über viele Jahre an einem Ort bildet heute die absolute Ausnahme. In den Senior:innentreffs wird heute immer mehr in Teams gearbeitet. Das erfordert einen hohen und weiter steigenden logistischen Aufwand. Ebenso sind die Ehrenamtlichen kaum noch bereit, zu ihrer eigentlichen ehrenamtlichen Tätigkeit auch noch organisatorische Aufgaben zu übernehmen.
Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die offene Senior:innenarbeit in Hamburg stark an. Gleichstellung, Integration, Inklusion, LGBTI*Q sind Aufgaben, die die Rot/Grüne-Koalition und die Verwaltung an die Arbeit in der offenen Seniorenarbeit stellt. Dazu sollen die Treffs sich in die Quartiere öffnen und sich mit lokalen Akteuren vernetzen, was erhebliche Zeitressourcen bedeutet.
Die Pandemie hat gezeigt, dass die fortschreitende Digitalisierung ein Mittel des Kontakts sein kann und hat dazu geführt, dass ältere Menschen sich entsprechende Medien erschlossen haben. Gleichwohl haben viele ältere Menschen Berührungsängste und kennen den Nutzen digitaler Anwendungen nicht. Die Senior:innentreffs haben auf Vorstoß der Regierungskoalition auch auf diesem Feld eine zentrale Rolle als Schulungszentren erhalten. Gleichzeitig müssen die koordinierenden Tätigkeiten zur Schulung der Treffbesucher:innen zukünftig von den ehrenamtlichen Treffleitungen übernommen werden.
Die qualitative Verbesserung und Verbreiterung der offenen Seniorenarbeit ist ausdrücklich zu begrüßen. Die erforderliche Finanzierung der unterstützenden Hauptamtlichkeit muss jedoch mit der Steigerung an Qualität mithalten. Die auskömmliche Finanzierung der aufwachsenden Anforderungen ist auch ein Zeichen des Respekts vor dem Alter und der Lebensleistung der Menschen in Hamburg. Senior:innentreffs können in ihrer Bedeutung für die Quartiere weiter wachsen und als Quartierszentren Treffpunkt für Nachbar:innen aller Alterskohorten werden, wenn Ehrenamt durch Hauptamt unterstützt wird.
Die Potenziale ehrenamtlichen Engagements sind ungleich über die Stadt verteilt. Die Bereitschaft sich ehrenamtlich zu engagieren ist individuell eng verbunden mit der Offenheit für Neues, der eigenen Lebensverhältnisse und dem Bildungsgrad. In sozial benachteiligten Stadtteilen ist das Potenzial für ehrenamtliches Engagement graduell geringer und es bedarf der besonderen Ansprache und Förderung. Von den 84 Hamburger Seniorentreffs liegen mehr als 50 in sozial benachteiligten Stadtteilen wie Wilhelmsburg, Veddel, Billstedt, Horn, Altona-Altstadt, Osdorf, Altona-Nord, Stellingen, Neugraben etc.
Zur Aufrechterhaltung des Prinzips der Ehrenamtlichkeit und langfristigen Sicherung der ehrenamtlichen Arbeit in den Senior:innentreffs braucht das Ehrenamt vor Ort hauptamtliche Unterstützung (Strategien zur Stärkung des Ehrenamtes). Aus den bisher gemachten Erfahrungen mit hauptamtlicher Unterstützung in ehrenamtlichen Seniorinnentreffs sind dafür zirka 10 bis 15 Wochenstunden pro Einrichtung und Größe des Seniorentreffs erforderlich.