2021/I/Arb/6 Pflegekammer in Hamburg – unnötig, ungewollt und verzichtbar!

Status:
Annahme

Der Landesparteitag möge beschließen:

Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) der SPD Hamburg lehnt die Einrichtung einer Pflegekammer in Hamburg ab. Sie ist ein ordnungspolitischer Irrweg und belastet die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Pflege mit nicht zu rechtfertigenden Zwangsbeiträgen.

 Die SPD-Bürgerschaftsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder des Senates werden deshalb aufgefordert, auf die Einrichtung einer Pflegekammer mit Zwangsmitgliedschaften der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Hamburg zu verzichten und entsprechenden Plänen bzw. Diskussionen eine deutliche Absage zu erteilen.

 

 

Begründung:

Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) der SPD Hamburg lehnt die Einrichtung einer Pflegekammer in Hamburg ab. Sie ist ein ordnungspolitischer Irrweg und belastet die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Pflege mit nicht zu rechtfertigenden Zwangsbeiträgen. (übernommen aus dem Antragstext)

Mit der in anstehenden Bürgerschaftswahl in Hamburg unternehmen auch die Befürworterinnen und Befürworter der Einrichtung einer Pflegekammer in Hamburg einen neuen Anlauf, um eine Pflegekammer in Hamburg zu errichten. Bisherige Versuche in diese Richtung scheiterten in Hamburg bisher an der fehlenden Zustimmung der Betroffenen und dem Widerstand der Gewerkschaften.

Kammern sind ursprünglich Organisationen von Selbständigen, in denen Freiberufler (Apotheker, Anwälte usw.) ihre berufsständischen Angelegenheiten regeln. Nach dem Willen der Befürworterinnen und Befürworter einer Pflegekammer soll dieses Prinzip auch auf den Pflegebereich mit fast ausschließlich abhängig Beschäftigten übernommen werden. Die Pflegekammer soll eine Berufsordnung, die es zwar schon gibt, herausgeben, über eine Weiterbildungsordnung Standards definieren und deren Einhaltung kontrollieren und Fehlverhalten sanktionieren können. All das sind bisher staatliche Aufgaben, die die Befürworterinnen und Befürworter einer Pflegekammer an die Berufsangehörigen auf der Basis einer Zwangsmitgliedschaft mit monatlichen Zwangsbeiträgen delegieren wollen.

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften lehnen die Einrichtung von Pflegekammern ab und sind in anderen Bundesländern aktiver Teil des Widerstandes.

In wenigen anderen Bundesländern wurden bereits Pflegekammern eingeführt. Die Einführung stieß dabei wiederholt auf engagierten und breiten Widerstand der Betroffenen. So wurde eine entsprechende Petition zur „Auflösung der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein /Beendigung der Zwangsmitgliedschaften von PFK“ in 2019 von mehr als 14.000 Menschen unterzeichnet.[1] In Niedersachsen unterzeichneten zum Jahreswechsel 2018/2019 sogar mehr als 50.000 Menschen eine Petition „Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen und Beendigung der Zwangsmitgliedschaften von Pflegekräften“.[2] In mehreren Städten in Niedersachsen kam es zu Demonstrationen und Protesten.

Im Rahmen einer repräsentativen Befragung der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz unter examinierten Pflegefachkräften in Hamburg sprach sich 2013/2014 eine Mehrheit von 58 % gegen die Errichtung einer Pflegekammer in Hamburg aus (Auswertung Ja-/Nein-Stimmen). Wertet man die unentschiedenen Befragen mit, so sah das Ergebnis der Umfrage wie folgt aus: Lediglich 36 Prozent der Befragten sprachen sich für die Gründung einer Pflegekammer aus. 48 Prozent lehnten die Pflegekammer ab, 16 Prozent wollten keine Entscheidung treffen.[3]

[1] https://www.openpetition.de/petition/online/aufloesung-der-pflegeberufekammer-schleswig-holstein-beendigung-der-zwangsmitgliedschaften-von-pfk

[2] https://www.openpetition.de/petition/online/aufloesung-der-pflegekammer-niedersachsen-und-beendigung-der-zwangsmitgliedschaften-von-pflegekraeft

[3]https://www.hamburg.de/contentblob/4272292/37918fa032999268583298b747e601c0/data/abschlussbericht-befragung.pdf

Beschluss: Annahme in geänderter Fassung
Text des Beschlusses:

Die SPD Bürgerschaftsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, die im Koalitionsvertrag vorgesehene Abstimmung über die Einrichtung einer Pflegekammer mit Zwangsmitgliedschaften der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Hamburg zusammen mit dem Koalitionspartner noch einmal zu überprüfen und bereits auf die Durchführung einer Abstimmung unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Pflege zu verzichten.

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: